Entscheidungsstichwort (Thema)
Einholung von durch einen Dritten angeblich erhobene und gespeicherten Standortdaten ohne die Glaubhaftmachung einer tatsächlich erfolgten Datenerhebung und Datenspeicherung
Leitsatz (amtlich)
Tritt der Kaskoversicherer dem vom Versicherungsnehmer behaupteten äußeren Bild eines Fahrzeugdiebstahls mit der Behauptung hiermit nicht in Einklang stehender Standortdaten (GPS-Daten) des versicherten Fahrzeugs entgegen und beantragt er zum Beweis seiner Behauptung, dem Fahrzeughersteller die Vorlage dieser Daten aufzugeben, muss er das Vorhandensein der Daten beim Hersteller glaubhaft machen.
Normenkette
ZPO § 371 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, §§ 422, 432
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 16.02.2018; Aktenzeichen 5 O 304/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16. Februar 2018 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.092,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Januar 2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte. Hiervon ausgenommen sind die mit der Anrufung des sachlich unzuständigen Amtsgerichts Lüneburg verbundenen Mehrkosten. Diese trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 35.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Erstattung eines Kaskoschadens.
Die Parteien verbindet ein Kaskoversicherungsvertrag einschließlich GAP-Deckung für einen Pkw der Marke Audi Q7 3,0 TDI. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB 2008) zugrunde. Hinsichtlich des Inhalts der AKB 2008 wird auf Bl. 516 - 542 d. A. Bezug genommen. Den Versicherungsschein hat der Kläger nicht vorgelegt.
Bei dem versicherten Pkw handelt es sich um ein Leasingfahrzeug.
Mit einer vom 28. April 2014 datierenden Schadensanzeige teilte der Kläger der Beklagten mit, dass das versicherte Fahrzeug entwendet worden sei. Der Kläger habe das Fahrzeug am 6. April 2014 morgens in einem Parkstreifen an der S. Straße in H. abgestellt. Am 11. April 2014 habe er den Pkw wieder abholen wollen und das Fahrzeug nicht mehr vorgefunden. Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Schadensanzeige wird auf Bl. 132 - 139 d. A. Bezug genommen.
Vorgerichtlich lehnte die Beklagte eine Regulierung des angezeigten Schadens unter pauschalem Hinweis auf "die Gesamtumstände" ab (Bl. 95 d. A.).
Der Kläger hat behauptet, dass der versicherte Pkw entwendet worden sei. Er habe dies wie in der Schadensanzeige dargestellt bemerkt. Der von der Beklagten geschuldete Betrag sei identisch mit der Forderung der Leasinggeberin. Diese belaufe sich einschließlich Restrate, Bankrücklastschriftkosten, Mahngebühr und Verzugszinsen auf die Klageforderung.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 31.882,36 EUR abzgl. einer Selbstbeteiligung des Klägers in Höhe von 1.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Januar 2015 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Verzugsschaden zu ersetzen, der dem Kläger dadurch entsteht, dass die Beklagte die Schadensregulierung betreffend den Diebstahl des Fahrzeugs Audi SUV, Fahrgestell-Nr. WAU..., amtliches Kennzeichen ..., mit Schreiben vom 20. Januar 2015 abgelehnt hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der vom Kläger behauptete Minimalsachverhalt des Diebstahls werde bestritten.
Vielmehr sei der Versicherungsfall mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht. Ein Audi Q7 könne aufgrund der vorhandenen Sicherungen nicht entwendet werden. Außerdem habe der Kläger der Beklagten zunächst nur zwei Fahrzeugschlüssel zur Verfügung gestellt. Erst acht Monate später habe er auch den Notschlüssel übersandt.
Mit Beschluss vom 12. Oktober 2015 hat sich das zunächst angerufene Amtsgericht Lüneburg für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Lüneburg verwiesen.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Y. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 11. November 2016 Bezug genommen (Bl. 276 - 280 d. A.).
Mit Urteil vom 16. Februar 2018 (Bl. 361 - 364 d. A.) hat das Landgericht die Bek...