Leitsatz (amtlich)
Zur Wirksamkeit einer Scheidungsfolgenvereinbarung nach der Rspr. des BGH zur Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle (BGH, Urt. v. 11.2.2004 – XII ZR 265/02)
Verfahrensgang
AG Lehrte (Urteil vom 11.09.2003; Aktenzeichen 8 F 8237/03) |
Tenor
Die Berufung gegen das am 11.9.2003 verkündete Urteil des AG – FamG – Lehrte wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage um Auskunft über das Endvermögen des Beklagten. Die am 18.5.1989 geschlossene Ehe der Parteien wurde nach Zustellung des Scheidungsantrags am 3.12.1999 durch Urteil des AG – FamG – Lehrte vom 9.11.2000, das seit dem 11.1.2001 rechtskräftig ist, geschieden. Aus der Ehe der Parteien ist die am 13.10.1989 geborene Tochter N. hervorgegangen, die bei der Klägerin lebt.
Am 23.9.1999 schlossen die Parteien, die beide berufstätig waren und über in etwa gleich hohe Erwerbseinkünfte verfügten, eine notarielle Scheidungsvereinbarung, in der sie zur Vermögensauseinandersetzung (unter II.) den Güterstand der Gütertrennung vereinbarten und in der sie sich zum Ausgleich von Zugewinnausgleichsansprüchen dahingehend auseinander setzten, dass der Beklagte der Klägerin einen Betrag von 20.000 DM bis zum 30.10.1999 zu zahlen hatte. Im Übrigen verzichteten sie wechselseitig auf ggf. darüber hinaus bestehende Ansprüche. Weiterhin schlossen die Parteien den Versorgungsausgleich (unter III.) und den nachehelichen Ehegattenunterhalt (unter IV.) aus. Hinsichtlich des Kindesunterhalts verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung des an der Düsseldorfer Tabelle orientierten Betrages und zahlte der Klägerin zur Abgeltung des bis zur Volljährigkeit geschuldeten Kindesunterhalts einen Betrag von 60.000 DM, wofür die Klägerin den Beklagten im Innenverhältnis von Unterhaltsansprüchen der Tochter freistellte.
Mit notariellem Vertrag vom 6.9.1999 hatte die Klägerin ein Hausgrundstück zum Preis von 267.500 DM erworben. Zur Finanzierung des Kaufpreises benötigte die Klägerin 80.000 DM, die sie aufgrund der Scheidungsvereinbarung vom Beklagten erhielt.
Die Klägerin macht mit der Berufung geltend, die notarielle Scheidungsvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 und 2 BGB nichtig. Die Vereinbarung habe der Kapitalbeschaffung der Klägerin gedient und habe deshalb Darlehenscharakter. Der Leistung des Beklagten stehe als Gegenleistung ein erheblich höherer Wert ggü., da die Klägerin auf einen Zugewinnausgleichsanspruch von mehr als 92.000 Euro, der auf der Wertsteigerung des im Eigentum des Beklagten stehenden Hauses beruhe, sowie auf eine Aufstockungsunterhalt in Höhe kapitalisierter 25.000 Euro verzichtet habe.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin durch Vorlage eines vollständigen und geordneten Bestandsverzeichnisses Auskunft zu erteilen über alle Aktiva und Passiva seines Endvermögens bezogen auf den 26.11.1999.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird i.Ü. gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
II. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Die Klägerin kann vom Beklagten im Rahmen ihrer Stufenklage Auskunft über sein Endvermögen gem. § 1379 Abs. 1 BGB nicht verlangen, weil unabhängig vom Ergebnis der Auskunft feststeht, dass der Klägerin einen Anspruch auf Zugewinnausgleich nicht zusteht (vgl. BGH v. 16.12.1982 – IX ZR 90/81, MDR 1983, 309 = FamRZ 1983, 157 [158]; v. 8.3.1995 – XII ZR 54/94, MDR 1995, 500 = FamRZ 1995, 597; OLG Celle, Urt. v. 3.3.1995 – 15 UF 222/94, OLGReport Celle 1995, 118 = NJW-RR 1995, 1411; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1379 BGB Rz 15). Die Parteien haben in der notariellen Scheidungsvereinbarung vom 23.9.1999 in den Regelungen zur Vermögensauseinandersetzung (unter II.) den gesetzlichen Güterstand abbedungen, statt dessen den Güterstand der Gütertrennung (§ 1414 BGB) vereinbart und gegen Zahlung eines Betrages von 20.000 DM wechselseitig auf darüber hinaus bestehende Ansprüche wirksam verzichtet.
Nach dem Urteil des BGH vom 11.2.2004 (BGH, Urt. v. 11.2.2004 – XII ZR 265/02) zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen erfolgt vor dem Hintergrund der Rspr. des BVerfG (BVerfG v. 6.2.2001 – 1 BvR 12/92, MDR 2001, 392 = FamRZ 2001, 343 ff.; v. 29.3.2001 – 1 BvR 1766/92, FamRZ 2001, 985 f.) zunächst eine Wirksamkeitskontrolle nach § 138 BGB, bei der zu prüfen ist, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, das ihr – und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse – wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (unter III.3a der Gründe). Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird bei einer Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss regelmäßi...