Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilwirksamkeit eines Ehevertrages
Leitsatz (amtlich)
Sofern der völlige Ausschluss des Unterhalts in einem Ehevertrag gegen § 138 BGB verstößt, die Parteien jedoch die Gütertrennung selbst dann gewollt hätten, wenn ihnen die teilweise Nichtigkeit des Vertrags bewusst gewesen wäre, und der Vertrag auch nicht durch Ausnutzung einer unterlegenen Stellung eines Vertragspartners zustande gekommen ist, steht der Teilwirksamkeit hinsichtlich der Gütertrennung nichts entgegen (§ 139 BGB, im Anschluss an BGH, Urt. v. 25.5.2005 - XII ZR 296/01, BGHReport 2005, 1189 m. Anm. Waldner; Abgrenzung zu OLG Celle v. 24.6.2004 - 19 UF 59/04, OLGReport Celle 2004, 581 = FamRZ 2004, 1489 ff.).
Normenkette
BGB §§ 138-139, 242, 1408
Verfahrensgang
AG Groß-Gerau (Aktenzeichen 73 F 938/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt im Wege der Stufenklage Zugewinn und verlangt zunächst Auskunft über das Endvermögen des Beklagten. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils vom 16.2.2004 (Bl. 85 ff. d.A.) Bezug genommen. Das AG hat die Klage insgesamt abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 87-89 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihr am 18.2.2004 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 17.3.2004 eingelegten und am 14.4.2004 rechtzeitig begründeten Berufung.
Sie macht geltend, das AG sei fehlerhaft zu dem Ergebnis gekommen, es sei keine sittenwidrige Benachteiligung der Klägerin anzunehmen. Die Grundsätze der Entscheidung des BGH vom 11.2.2004 seien nicht berücksichtigt worden. Mit den Regelungen im Ehevertrag vom 27.12.1988 sei nämlich massiv in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingegriffen worden. Obwohl sie zwei Monate vor Abschluss des Ehevertrages das zweite gemeinsame Kind der Parteien geboren habe, sei jeglicher Unterhaltsanspruch für die Zeit nach der Scheidung ausgeschlossen worden. Gleichzeitig sei der gesetzliche Versorgungsausgleich massiv eingeschränkt und Gütertrennung vereinbart worden, obwohl sie im Hinblick auf die am 1.9.1983 begonnene Teilzeitbeschäftigung mit einem Nettoeinkommen von ca. 500 DM nicht in der Lage gewesen sei, sich eine eigene angemessene Altersversorgung aufzubauen und Vermögen zu bilden. Außerdem sei unstreitig das Motiv des Beklagten für den Abschluss des Ehevertrages das Misstrauen gegen die Ehefrau seines Bruders gewesen. Deswegen habe der Beklagte sie unter massivem psychischen Druck zur Einwilligung in den Ehevertrag veranlasst. Für die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages spreche auch, dass der Rechtsanwalt A. als Parteivertreter des Beklagten ihr zum Abschluss des Ehevertrages geraten habe. Von einer Beratung bei der Beurkundung könne ebenfalls keine Rede sein. Nach ihrer Erinnerung habe die ganze Angelegenheit nicht länger als fünf Minuten gedauert. Auf die mit dem Vertrag verbundenen Risiken habe der Notar nicht hingewiesen. Dass sie den Vertrag unterzeichnet habe, sei einerseits wohl auf die mit der Geburt des zweiten Kindes verbundene Hormonumstellung und die besondere psychische Belastungssituation zurückzuführen, andererseits aber auch auf die praktizierte Rollenverteilung in der Ehe der Parteien. Sie habe am Ende der Ehe auch kein relevantes Vermögen; ihre Eigentumswohnung mit 33 Quadratmetern sei nach wie vor stark belastet. Die weitere Immobilie habe keinen relevanten Wert und stehe leer. Im Hinblick auf die Regelung zum Versorgungsausgleich sei sie nicht einmal halbwegs für ihr Alter gesichert.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über sein Endvermögen am 24.3.2003 durch Vorlage eines vollständigen systematischen Bestandsverzeichnisses, den sich nach vollständiger Auskunftserteilung zugunsten der Klägerin ergebenden, noch zu beziffernden Zugewinnausgleich an die Klägerin zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und weist darauf hin, dass die aus der Ehe hervorgegangenen beiden Kinder bei ihm leben und er ausschließlich für ihren Unterhalt aufkomme. Die Klägerin habe sich im Herbst 2000 seinem ehemals besten Freund zugewandt und lebe mit diesem seit 2001 in eheähnlicher Gemeinschaft. Die Klägerin sei gelernte Bauzeichnerin und habe diesen Beruf bis zur Eheschließung ausgeübt. Seit dem 1.9.1988 bis zum Scheitern der Ehe sei sie zu einem Bruttoentgelt von 1.000 DM, das unabhängig von ihrer Arbeitsleistung gezahlt worden sei, und als zusätzliche Alterssicherung gedacht gewesen sei, in der Firma des Beklagten und seines Bruders tätig gewesen. Sein Vermögen sei während der Ehe heftigen Schwankungen unterworfen gewesen, und er habe in den letzten Jahren namentlich nach Eheende beträchtliche Vermögenseinbußen erlitten. Den Immobilien stünden umfangreiche...