Leitsatz (amtlich)
Zum Unterlassungsanspruch eines Verbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft gegen die Betreiberin eines Ticket-Suchportals, wenn die über das Suchportal verkauften Eintrittskarten nach den AGB des Veranstalters einem Weiterverkaufsverbot unterliegen können und sich daraus der Verlust der Zutrittsberechtigung ergeben kann.
Normenkette
BGB § 307; UWG § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 18 O 92/18) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 21. Januar 2019 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite Eintrittskarten zu einem höheren Preis als dem Preis auf der Karte zuzüglich maximal 25 % Nebenkosten (z.B. Porto, Vermittlungskosten) zum Verkauf anzubieten bzw. solche Verkaufsangebote Dritter zugänglich zu machen, wenn es sich um Eintrittskarten handelt, bei denen die Zugangsberechtigung grundsätzlich nur dem Vertragspartner des Veranstalters zusteht und diese Zugangsberechtigung nur übertragbar ist, wenn der Dritte keinen höheren Preis als den Preis auf der Karte zahlt zuzüglich maximal 25 % Nebenkosten (z. B. Porto, Vermittlungskosten), wie geschehen gemäß Anlagen K 3 und K 7.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen des Unterlassungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung von 100.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in vorstehend genannter Höhe leistet. Im Übrigen bleibt der Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers wegen der Kosten durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte unterhält eine Webseite, über die Interessenten im sogenannten Zweitmarkt Veranstaltungstickets suchen und beschaffen können. Die Beklagte bewirbt sich selbst gegenüber ihren Kunden als "Ticket-Suchportal". Gemäß § 2 Abs. 2 der Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für Dienstleistungen in Bezug auf personalisierte Tickets (sog. "P-Tickets") gilt zwischen der Beklagten und ihren Kunden:
"Die durch T. zu erbringende Dienstleistung besteht aus Folgendem: dem Finden eines verkaufswilligen Eigentümers (...) jenes P-Tickets, welches der Kunde erwerben will, sowie die grundsätzliche Schaffung der Möglichkeit für den Kunden, das entsprechende P-Ticket auf ihn selbst umpersonalisiert und hiernach zumindest faktischen Besitz an selbigem vom vorherigen Eigentümer zu erhalten (nachfolgend insgesamt 'Umpersonalisierung'). Gegenstand der Beauftragung ist ferner, dass T. sich unmittelbar ab der Dienstvertragsbestätigung und sodann bis zu einem Zeitpunkt, vor dessen Ablauf entsprechende Dispositionen des Kunden zur Teilnahme am Event noch sinnvoll erscheinen (...), um vorgenannte Umpersonalisierung bemüht. Gelingt die Umpersonalisierung, wird T. sich sodann bemühen, das P-Ticket im Wege eines Geschäfts für den, den es angeht, direkt für den Kunden (sowie auf dessen Rechnung) zu erwerben und diesem bis zur Herausgabe des P-Tickets den Besitz an selbigem zu mitteln."
In § 2 Abs. 4 der Bedingungen heißt es weiter:
"Dem Kunden ist bekannt, dass Veranstalter von Events unterschiedliche Mittel und (vertragliche) Gestaltungselemente (nachfolgend: 'Event-AGB') verwenden, um die Umpersonalisierung von P-Tickets zu begrenzen und letztlich auch zu erschweren, insbesondere dann, wenn Dritte (wie hier die T.) kommerzielle Dienste in Bezug auf den Erwerb von P-Tickets vom vorherigen Eigentümer erbringen. T. ist bemüht, das hierbei auftretende Konfliktpotenzial zu reduzieren, insbesondere dadurch, dass sie nicht selbst (Zwischen-) Eigentümerin des P-Tickets wird, sondern die Voraussetzungen für einen Direkterwerb des Kunden vom früheren Eigentümer schafft und lediglich für diese Dienstleistung eine Vergütung erhält, das P-Ticket selber hingegen zum Originalpreis (lediglich zzgl. USt. und Gebühren) an den Kunden weitergibt. Gleichwohl kann, zumal angesichts der Verschiedenartigkeit von Event-AGB und des Fehlens jeglichen Einflusses von T. auf diese, keine Gewähr dafür übernommen werden, dass die zugunsten des Kunden geschaffene Möglichkeit der Umpersonalisierung eine solche ist, die im Hinblick auf die jeweils einschlägigen Event-AGB rechtliche Wirksamkeit für sich in Anspruch nehmen kann. Die möglichen Folgen eines eventuellen Verstoßes gegen die Event-AGB (etwa die Nichtgewährung von Zutritt zum Event, der Verfall einer Vertragsstrafe usw.) stellen im Rahmen der hiesigen Vertragspflichten keine Beeinträchtigung der Umpersonalisierung dar; sie fallen vielmehr ausschließlich in die Risikosphäre des Kunden und berühren in keinem Fall den Vergütungsanspruch von T. für die geleisteten Dienste...