Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Zeitliche Befristung des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt. Berücksichtigung von Zins- und Tilgungsleistungen beim Wohnwertvorteil
Leitsatz (amtlich)
1. Erwirbt ein Ehegatte die Miteigentumshälfte des Familienheims des anderen Ehegatten, ist der volle Wohnvorteil um die Hauslasten, insbesondere die Zins- und Tilgungsleistungen auf die bereits vor der Veräußerung des Miteigentumsanteils bestehenden eheprägenden Kreditverbindlichkeiten zu mindern.
2. Die Berücksichtigung der Tilgungsleistungen für Hausdarlehen verstößt gegen das Verbot der Doppelverwertung.
3. Die Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards ist nur dann angemessen, wenn etwa die Ehe lange gedauert hat, wenn aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen sind, die vom Berechtigten betreut wurden, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen hat oder sonstige Gründe für eine dauerhafte Lebensstandardgarantie sprechen
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 5
Verfahrensgang
AG Peine (Urteil vom 16.12.2005; Aktenzeichen 10 F 1511/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragstellers sowie auf die Anschlussberufung der Antragsgegnerin und unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel wird das am 16.12.2005 verkündete Urteil des AG - FamG - Peine hinsichtlich der Folgesache nachehelicher Ehegattenunterhalt (IV. der Entscheidungsformel) geändert und wie folgt gefasst:
Der Antragsteller wird verurteilt, der Antragsgegnerin nachehelichen Ehegattenunterhalt vom 24.3.2006 bis Mai 2006 von monatlich 719 EUR, für Juni 2006 von 654 EUR, für Juli 2006 von 662 EUR sowie von August 2006 bis Juli 2013 von monatlich 613 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird der Antrag auf Zahlung von nachehelichem Ehegattenunterhalt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Das AG hat im angefochtenen Urteil die am 11.5.1988 geschlossene Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt, den Antrag des Antragstellers auf Zahlung von Zugewinn i.H.v. 49.455,30 EUR abgewiesen und diesen zur Zahlung von nachehelichem Ehegattenunterhalt von monatlich 603 EUR verurteilt.
Mit seiner Berufung hat der Antragsteller seinen Anspruch auf Zugewinnausgleich i.H.v. 34.109,50 EUR weiter geltend gemacht und begehrt die Abweisung, hilfsweise die Befristung des auf Ehegattenunterhalt gerichteten Antrags, während die Antragsgegnerin mit ihrer im Schriftsatz vom 7.8.2006 erweiterten Anschlussberufung nachehelichen Unterhalt von 720 EUR beantragt.
Die Parteien haben den Rechtsstreit hinsichtlich der Folgesache Güterrecht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem dem Antragsteller durch notariellen Vertrag vom 6.7.2006 von der Antragsgegnerin ihre Miteigentumshälfte am gemeinsamen Haus gegen Zahlung von 40.000 EUR übertragen worden war.
Im Übrigen wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtenen Urteil Bezug genommen.
II. Die Berufung des Antragstellers und die Anschlussberufung der Antragsgegnerin sind teilweise begründet.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Folgesache Güterrecht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist allein über den Anspruch der Antragsgegnerin auf nachehelichen Ehegattenunterhalt zu entscheiden.
Der Antragsgegnerin steht für die Zeit ab der am 24.3.2006 eingetretenen Rechtskraft der Ehescheidung ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gem. §§ 1573 Abs. 2, 1578 Abs. 1 BGB zu.
1. Unterhaltsanspruch
Wie der Senat in dem im Trennungsunterhaltsverfahren - 15 UF 155/05 = 10 F 440/04 AG Peine - am 1.3.2006 verkündeten Urteil im Einzelnen dargelegt hat und auf das insoweit Bezug genommen wird, ist nach der Verdienstbescheinigung für Dezember 2005 von einem monatlichen Nettoeinkommen des Antragstellers aus seiner Tätigkeit bei der Bundesstelle für Fluguntersuchungen von rund 2.644 EUR auszugehen. Nach den von Januar bis Mai 2006 vorgelegten Verdienstbescheinigungen führt die Umstellung der Vergütungsstruktur für die Zeit ab Januar 2006 zu keiner signifikanten Änderung der Erwerbseinkünfte, sodass dieses Nettoeinkommen für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung fortgeschrieben werden kann. Vom Nettoeinkommen sind für abgabenbereinigte vermögenswirksame Arbeitgeberleistungen 3 EUR sowie für berufsbedingte Aufwendungen 132 EUR abzusetzen.
Nach dem im Trennungsunterhaltsverfahren vorgelegten Schreiben der Bundesstelle für Fluguntersuchungen vom 18.2.2006, das der Senat dem Urteil vom 1.3.2006 nicht zugrunde legen konnte, erhält der Antragsteller keine Trainingspauschale von monatlich 153 EUR. Vielmehr werden die dem Antragsteller für Flugtauglichkeitsuntersuchungen, Lehrgänge usw. entstehenden Kosten von der Bundesstelle für Fluguntersuchungen direkt beim jeweiligen Rechnungssteller ausgeglichen.
Der Antragsteller erzielte bis einschließlich Mai 2006 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (Luft-Service-Leistunge...