Leitsatz (amtlich)
Zur Prozessfähigkeit eines auf den Cayman Islands ansässigen Trustees; Voraussetzungen der Aufhebung und Zurückverweisung bei Verwerfung der Klage als unzulässig durch das erstinstanzliche Gericht.
Normenkette
ZPO §§ 51-52, 538 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 07.04.2010; Aktenzeichen 23 O 122/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird festgestellt, dass die Klage zulässig ist.
Das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Hannover vom 7.4.2010 mit dem zugrunde liegenden Verfahren wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, eine Gesellschaft nach dem Recht der Cayman Islands, nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen verspäteter Abwicklung zweier Wertpapierhandelsgeschäfte in Anspruch.
Die Klägerin, die ihren Sitz auf den Cayman Islands hat, ist Treuhänderin ("Trustee") des S. M. Trust, einem Fonds nach dem Recht der Cayman Islands, dessen Unterfonds der selbst unstreitig nicht partei- und prozessfähige Investmentfonds S. Hedge Fund (im Folgenden: S. F. oder nur S.) ist. Der mittlerweile nicht mehr für die Beklagte tätige Mitarbeiter Sc. schloss namens der Beklagten am 19.12.2007 zwei Wertpapierhandelsgeschäfte mit dem für S. tätigen Wertpapierhändler T. W.: Ein Geschäft über die Lieferung und Übereignung von 3.500.000 Aktien der B. AG zum Kaufpreis von insgesamt 35.000.000 EUR, das am 24.12.2007 ausgeführt werden sollte, und eines über die Lieferung und Übertragung von 14.750.000 Aktien der R. Inc. zum Preis von insgesamt 55.106.000 USD, das am 2.1.2008 abgewickelt werden sollte. Ob die Beklagte dabei als Kommissionärin für die V. Holding GmbH (im Folgenden nur V.) tätig wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Die Geschäfte sollten unter der Beteiligung von M. St ... (Frankfurt bzw. New York) und C. Banking (Frankfurt und Luxemburg) abgewickelt werden. Bei Fälligkeit erfüllte die Beklagte ihre Verpflichtungen aus dem Geschäft nicht. Ab dem 3.1.2008 traten T. W. und der Mitarbeiter Sc. immer wieder telefonisch und schriftlich per E-Mail miteinander in Kontakt, wobei das "Settlement Date" einvernehmlich mehrfach verlängert wurde, zuletzt bis zum 22.2.2008 (vgl. Anlagen K 6, K 9 und K 10). Mit E-Mail-Schreiben vom 11.2.2008 bestätigte der Mitarbeiter Sc. mit Blick auf zwischen ihm und W. bestehende Unstimmigkeiten, ob es sich um Eigen- oder Fremdgeschäfte der Beklagten handelte, die Wertpapiertransaktionen und erklärte, die Verantwortung für die Abrechnung zu übernehmen. Wörtlich heißt es dort: "We acknowledge the original trade confirms sent for these trades, accept responsibility for their settlement and agree that time is of essence with respect to settlement of each trade on the settlement date" (Anlage K 9). Wie genau der zweite Satzteil zu übersetzen ist, ist zwischen den Parteien streitig. Mit E-Mail vom 20.2.2008 wandte sich T. W. an Herrn J. (den damaligen Vorgesetzten des Mitarbeiters Sc.) und erklärte, Herr Sc. habe M. S. (Vorgesetzter des T. W.) gegenüber erklärt, die Beklagte werde ihrerseits noch am selben Tag das vollständige "Settlement" der Wertpapiertransaktion bestätigen. Ferner wies er darauf hin, es werde zu irreparablen Schäden kommen, wenn die Transaktion nicht bis zum 28.2.2008 abgeschlossen sei (Anlage K 11). Am Folgetag, dem 21.2.2008, richtete M. S. selbst ein E-Mail-Schreiben an Herrn J., in dem er ihn dazu aufforderte, die Abwicklung der Geschäfte nunmehr bis spätestens 22.1. [gemeint ist Februar] vorzunehmen. Anderenfalls werde Schadensersatz verlangt werden. Zugleich verlangte er die Bestätigung der Beklagten, die wegen verspäteter Abrechnung berechnete Zinsforderung und sonstige in diesem Zusammenhang angefallene Kosten zu begleichen (Anlage K 12). Die Beklagte schaltete daraufhin ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten ein. Zwischen diesen und den Bevollmächtigten von S. wurde weiterer Schriftwechsel geführt (Anlagen K 13 ff.). Mit Schreiben vom 25.2.2008 ließ die Beklagte mitteilen, dass sie die Wertpapiertransaktionen unter Protest abrechnen werde. Den Protest nahm sie später zurück. Letztlich wurden die Geschäfte von ihr am 29.2.2008 erfüllt, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob S. während des gesamten Zeitraums tatsächlich lieferbereit war.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten wegen verspäteter Erfüllung des Geschäfts Fälligkeits- bzw. Verzugszinsen i.H.v. insgesamt 1.289.891,77 EUR sowie die Erstattung der Kosten ihrer außergerichtlichen anwaltlichen Vertretung i.H.v. 228.760 EUR.
Sie hat geltend gemacht, als Trustee des nicht parteifähigen Investmentfonds
S. sowohl prozessführungsbefugt als auch aktivlegitimiert zu sein. Die Prozessführungsbefugnis ergebe sich bereits aus der Struktur des Treuhandfonds und sei nach der lex causae, d.h. dem Recht der Cayman Islands zu beurteilen. Die Wertpapier...