Leitsatz (amtlich)
Eine Vertragsstrafe, die in einem bei Überlassung eines Ponys zu Zuchtzwecken geschlossenen "Schutzvertrag" vereinbart wurde, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners i.S.d. § 307 BGB dar und ist darüber hinaus sittenwidrig gem. § 138 BGB, wenn der Wert des Strafversprechens den Wert des Ponys um das 20-fache übersteigt.
Normenkette
BGB §§ 138, 307
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 14.07.2008; Aktenzeichen 20 O 7/08) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hannover vom 14.7.2008 - 20 O 7/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages geltend.
Sie schloss am 26.3.2005 mit den Eheleuten S. einen "Schutzvertrag". Gegenstand des Vertrages war die Übergabe einer am 1.2.1995 geborenen Ponystute der Klägerin an die Eheleute S., die insbesondere gem. § 1 des Vertrages eine Reihe von Pflichten einzuhalten hatten. In § 4 des Vertrages, den die Klägerin dem Internet entnommen hatte, heißt es unter Abs. 2:
"Im Falle eines Verstoßes gegen vorgenannte Verpflichtungen ist der Vorbesitzer berechtigt, von dem Halter eine Vertragsstrafe zu fordern und die entschädigungslose Rückgabe des Pferdes zu verlangen. Die Vertragsstrafe beträgt 2.500 EUR, in Fällen erheblicher Misshandlung des Pferdes, dessen Tötung oder der Veräußerung an einen Pferdemetzger 10.000 EUR."
Zur Zeit der Übergabe an die Eheleute S. war, wie sich aus dem Vertrag ergibt, das Pferd bereits an Rehe erkrankt gewesen. Die Übergabe war zu Zuchtzwecken erfolgt. Nachdem Frau S. die Klägerin zur Rücknahme des Pferdes aufgefordert hatte, ließ diese das Pferd am 22.7. durch Frau C. J. abholen, die ein Übergabeprotokoll unterschrieb, wonach sich das Pferd in gutem optischen Zustand befand und keine Erkrankungen erkennbar waren. Bei Ankunft des Pferdes bei der Klägerin zog diese einen Tierarzt hinzu, der u.a. einen akuten Reheschub diagnostizierte. Das Pferd wurde einige Monate später eingeschläfert.
Die Klägerin beauftragte die Beklagte über die Rechtsanwältin G., Gesellschafterin der Beklagten, mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen. Am 24.7.2006 übersandte sie ihr um 18:25 Uhr per Fax zumindest das Übergabeprotokoll. Die Rechtsanwältin G. wandte sich mit Schreiben vom 4.8.2006 an die Eheleute S., worin sie die Erklärung von Frau J., das Pferd habe sich bei Abholung in gutem optischen Zustand befunden und es sei keine Erkrankung erkennbar gewesen, anfocht. Der im Schreiben weiter enthaltenen Aufforderung an die Eheleute S., wegen Verletzung des Schutzvertrages eine Vertragsstrafe i.H.v. 7.500 EUR zu zahlen, kamen diese nicht nach. Die auf Zahlung dieser Vertragsstrafe gerichtete Klage gegen Frau S. wurde abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Sowohl das LG Stendal (23 O 410/06) als auch das OLG Naumburg (12 U 29/07) waren der Auffassung, dass die Geltendmachung einer Vertragsstrafe jedenfalls am fehlenden rechtzeitigen Vorbehalt nach § 341 Abs. 3 BGB scheiterte.
Die Klägerin hat behauptet, bereits am 22.7.2006 die Beklagte über die Verletzung des Schutzvertrages durch Frau S. informiert zu haben. Sie war der Auffassung, die Beklagte habe ihre Pflicht dadurch verletzt, dass sie nicht rechtzeitig einen Vorbehalt i.S.d. § 341 Abs. 3 BGB erklärt habe, weshalb ihr ein Schaden i.H.v. 7.500 EUR entstanden sei.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.8.2006 sowie nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltsvergütung i.H.v. 661,16 EUR zzgl. Zinsen von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung (29.1.2008) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat eine Pflichtverletzung in Abrede genommen. Im Hinblick auf die Übersendung des Schutzvertrages habe eine Bearbeitung nicht vor dem 25.7.2006 erfolgen können. Ein Vorbehalt an diesem Tag wäre aber nicht mehr rechtzeitig gewesen. Die Vertragsstrafenabrede sei nach §§ 307 ff. BGB unwirksam. Das Pferd habe allenfalls einen Wert von 500 EUR gehabt.
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass eine Pflichtverletzung nicht hinreichend dargetan sei, da der Vorbehalt der Vertragsstrafe spätestens bei Ankunft des Tieres bei der Klägerin hätte erklärt werden müssen. Jedenfalls sei eine etwaige Pflichtverletzung der Beklagten für einen Schaden der Klägerin nicht kausal. Die Vertragsstrafenregelung sei unwirksam. Bei dem Schutzvertrag handele es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Vertragsstrafe verstoße gegen § 307 BGB, weil sie, in Relation zum Wert des Ponys, unangemessen hoch sei. Das LG Stendal hätte danach die Klage abweisen müssen, selbst wenn der Vorbehalt rechtzeitig erklärt worden wäre.
Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung unter Aufrechterhaltung ihres erstinstan...