Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahlrecht zwischen Ersatzbeschaffung/Reparatur und "fiktivem" Schadensersatz

 

Leitsatz (amtlich)

Der Geschädigte hat sein gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bestehendes Wahlrecht, entweder Wiederherstellung oder den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen, nicht bindend ausgeübt (und damit verloren, OLG Celle v. 17.3.1994 - 14 U 74/93, OLGReport Celle 1994, 222), wenn er zunächst auf der Basis einer "fiktiven" Schadensberechnung Ersatz begehrt, ohne damit eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung auszuschließen. Soweit nach anschließender Durchführung der Reparatur die tatsächlichen Reparaturkosten höher als die "fiktiven" sind, kann er auch noch den Differenzbetrag zwischen diesen und den tatsächlich angefallen Kosten verlangen.

 

Normenkette

BGB § 249 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 18.08.2005; Aktenzeichen 2 O 82/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 18.8.2005 abgeändert und neu gefasst wie folgt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.512,07 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.1.2005 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 1.512,07 EUR.

 

Gründe

(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO)

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch gegen die Beklagte aus § 839 BGB, Art. 34 GG i.V.m. Art. VIII Abs. 5 des Nato-Truppenstatuts zu.

1. Die Einstandspflicht der Beklagten ist dem Grunde nach zu 100 % unstreitig (LGU 2).

a) Dem Klageanspruch steht nicht die Bestandskraft des Bescheids des Landkreises Soltau-Fallingbostel vom 7.9.2004 (Anlage K 4, Bl. 22 d.A.) entgegen.

aa) Die in dieser Entschließung getroffene Entscheidung ist zwar grundsätzlich abschließend. Denn das Verwaltungsverfahren zur Regelung von Truppenschäden ist dazu bestimmt, Schadensfälle möglichst rasch und abschließend abzuwickeln und damit eine endgültige Befriedigung unter den Beteiligten herbeizuführen. Dieser Gedanke der Befriedigung soll grundsätzlich auch Vorrang vor der Wahrung der materiellen Gerechtigkeit haben. Die Entschließung des Amtes für Verteidigungslasten bzw. wie hier des Landkreises legt den Anspruch des Berechtigten dem Grunde und der Höhe nach verbindlich fest (BGH MDR 1977, 124; VersR 1979, 423).

bb) Das gilt aber nicht, wenn die Rechtsbeziehungen der Beteiligten noch nicht endgültig bereinigt worden sind oder wenn - wie hier - ein neuer Sachverhalt vorliegt, der noch nicht endgültig beschieden worden ist.

Der Entschließung vom 7.9.2004 lag zwar das Anspruchsschreiben des Klägers vom 21.6.2004 (Bl. 19 d.A.) zugrunde. Der Kläger hatte den Schaden damals nur "derzeit" konkretisiert, allerdings hinsichtlich der hier streitigen Reparaturkosten einen konkret bezifferten Betrag verlangt. Ein Vorbehalt bestand lediglich in Bezug auf einen Nutzungsausfallschaden und etwaige Ummeldekosten. Mit dem Bescheid vom 7.9.2004 sollte also der vom Kläger geltend gemachte Anspruch zumindest in Bezug auf die Reparaturkosten abgegolten werden. Daran ändert auch die Nachtragsentschließung vom 26.1.2005 (Anlage K 7, Bl. 26 d.A.) nichts. Dort wurde lediglich eine weitere Entschädigung wegen der noch nicht abgegoltenen Mietwagenkosten ausgesprochen und im Übrigen darauf verwiesen, dass durch die vorangehende Entschließung vom 7.9.2004 die dort behandelten Ansprüche bereits abschließend reguliert wurden.

Der Kläger macht vorliegend aber nicht die Reparaturkosten auf Gutachtenbasis (vgl. Anlage K 1, Bl. 7 d.A.), wie sie der Entschließung vom 7.9.2004 zugrunde lag, geltend, sondern begehrt Ersatz der überschießenden tatsächlich angefallenen Reparaturkosten nach Durchführung der Reparatur (vgl. Bl. 4 d.A. sowie Anlage K 5, Bl. 23 d.A.). Die Parteien sind sich dabei einig, dass der Kläger "durchaus" von der fiktiven Schadensabrechnung auf eine konkrete Schadensabrechnung wechseln kann (so ausdrücklich im Schriftsatz der Beklagten v. 12.12.2005, Bl. 94 d.A.). Wenn aber ein solcher Wechsel der Abrechnungsart möglich ist, dann kann dem - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht die Bestandskraft der Entschließung der Schadensregulierungsstelle vom 7.9.2004 entgegenstehen. Denn über diesen - neuen - Sachverhalt ist noch überhaupt keine Entscheidung getroffen worden. Die Entschließung vom 7.9.2004 hat sich lediglich mit den "fiktiven" Reparaturkosten, nicht aber den tatsächlich angefallenen befasst. Wenn der Kläger - wie von der Beklagten angenommen - die Abrechnungsart auch noch im Nachhinein wechseln kann, steht ihm auch ein Anspruch auf eine nachträgliche eigenständige Entscheidung zu.

b) Dem Kläger war ein Wechsel in der Abrechnungsart weiterhin möglich. Der Senat hat zwar mit Urt. v. 17.3.1994 (OLG Celle v. 17.3.1994 - 14 U 74/93, OLGReport Celle 1994, 222) entschieden, dass der Geschädigte an das von ihm einmal ausgeübte Wahlrecht, im Wege der Naturalrestitution gem. § 249 S....

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