Leitsatz (amtlich)
Der 8. Zivilsenat des OLG Celle hat drei Rechtschutzversicherern untersagt, in ihren Allgemeinen Bedingungen folgende Klausel zu verwenden oder sich bei der Abwicklung der Verträge auf diese zu berufen:
"Sie haben... alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte."
Diese Klausel widerspricht dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer der Bestimmung des § 17 (5) c) cc) ARB nicht entnehmen kann, was von ihm konkret verlangt wird und er deshalb auch nicht zu erkennen vermag, wann er gegen seine Obliegenheiten verstößt und dadurch seinen Versicherungsschutz ganz oder teilweise gefährdet.
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 12.04.2011; Aktenzeichen 18 O 234/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.4.2011 verkündete Urt. der 18. Zivilkammer des LG Hannover unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, beim Abschluss von Rechtsschutzversicherungsverträgen mit Verbrauchern die nachstehend zitierte Klausel in neue Versicherungsverträge einzubeziehen oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge der genannten Art auf die Klausel zu berufen:
"Sie haben... alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte."
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von höchstens 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (insgesamt höchstens zwei Jahre), zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern, angedroht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urt. ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Rev. wird zugelassen.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Regelung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG).
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein mit Sitz in H., der in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG aufgenommen ist. Die Beklagte ist eine Versicherungsgesellschaft mit Sitz in H.
Die Beklagte verwendete jedenfalls bis September 2010 im Rahmen der von ihr angebotenen Rechtsschutzversicherungsverträge die von der Klägerin als Anl. K 1 vorgelegten Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB). In § 17 (5) a) cc) ARB heißt es unter der Überschrift, "Verhalten nach Eintritt des Rechtsschutzfalles":
"Der Versicherungsnehmer hat... soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden... alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte."
Hinsichtlich des Weiteren Inhalts der ARB wird auf Bl. 1723 R d.A. Bezug genommen.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten v. 23.6.2010 forderte der Kläger die Beklagte wegen der streitgegenständlichen Klausel ua. zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Dies lehnte die Beklagte ab.
Der Kläger meint, dass die streitgegenständliche Klausel unwirksam sei. Sie sei gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent, weil ein Versicherungsnehmer dieser Klausel nicht entnehmen könne, was von ihm verlangt werde. Darüber hinaus benachteilige die Klausel die Versicherungsnehmer aber auch unangemessen gem. § 307 Abs. 2 BGB. Beispielsweise werde hierdurch eine Übernahme der im Rahmen von Kündigungsschutzsachen aufgrund einer vorgerichtlichen Tätigkeit anfallenden Kosten ausgeschlossen. Das sei unzulässig, weil hierdurch im Fall einer anschließenden Klage zwar höhere Kosten entstehen würden, andererseits im Erfolgsfall die Kosten der Auseinandersetzung erheblich reduziert werden könnten. Auch im Übrigen könne den Versicherungsbedingungen nicht entnommen werden, dass eine vorgerichtliche Tätigkeit etwa in arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht versichert sei. Hierbei sei auch nicht auf die Sicht des v. Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalts abzustellen. Dessen Verschulden müsse sich der Versicherungsnehmer nicht zurechnen lassen.
Der Kläger begehrt daneben Erstattung der ihm im Rahmen der vorgerichtlichen Abmahnung entstandenen Anwaltskosten auf der Basis eines Streitwertes von 25.000,00 EUR.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines v. Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft - oder einer Ord...