Normenkette
BGB §§ 2038, 2046
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Aktenzeichen 5 O 12/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.4.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Lüneburg teilweise abgeändert. Die Klage wird abgewiesen; soweit die Beklagt verurteilt worden ist, ihre Zustimmung dazu zu erteilen, dass von dem Nr. 19112655 der Sparkasse … folgende Forderungen (Nachlassschulden) beglichen werden:
a) …-…, …, vertreten durch Rechtsanwalt … und Partner in … i.H.v. 6.798,17 Euro zzgl. inzwischen weiter entstandener Zinsen und Kosten, je doch abzgl. geleisteter Ratenzahlungen der Klägerin,
b) … in …, vertreten durch Rechtsbeistand … in … i.H.v. ursprünglich 21.226,06 Euro zzgl. inzwischen weiter entstandener Zinsen und Kosten, jedoch abzgl. geleisteter Ratenzahlungen der Klägerin,
c) …, vertreten durch den Oberbürgermeister der Stadt …, i.H.v. 6.551,71 Euro zzgl. inzwischen weiter entstandener Zinsen und Kosten,
d) …- GmbH in … i.H.v. ursprünglich 1.053,77 Euro,
e) … Landkreis … i.H.v. 303,43 Euro,
f) …, …, i.H.v. ursprünglich 130,30 Euro.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 53 % die Beklagte 47 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung gem. § 513 Abs. 1, 1. Alt. i.V.m. § 546 ZPO.
Die Klägerin kann von der Beklagten nicht gem. § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 2046 Abs. 1 S. 1 BGB die Zustimmung zur Berichtigung der noch offenen Nachlassverbindlichkeiten von dem Nachlasskonto Nr. 19112655 bei der Sparkasse X. verlangen.
Insoweit fehlt es schon an dem Erfordernis einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung (zu 1)). Darüber hinaus steht dem Begehren der Klägerin der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen (zu 2)).
1. Gemäß § 2038 Abs. 1 S. 2 HS. 1 BGB ist jeder Miterbe den anderen ggü. verpflichtet, an Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich sind. Hierzu zählt auch die Berichtigung von Nachlassverbindlichkeiten, die gem. § 2046 Abs. 1 S. 1 BGB zunächst, d.h. vor der Erbauseinandersetzung nach § 2042 BGB zu erfolgen hat.
Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass noch Nachlassverbindlichkeiten bestehen (Bl. 106 f., 108 d.A.). Deren ursprüngliche Höhe sowie die weitere Entwicklung zzgl. angefallener Zinsen und Kosten sowie abzgl. geleisteter Zahlungen hat die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 16.1.2003 (Bl. 221–231 d.A.) im Einzelnen spezifiziert. Auch ist die aus den Parteien sowie deren weiterer Schwester S. bestehende Miterbengemeinschaft nach dem am 6.6.2000 verstorbenen Erblasser E. noch nicht auseinandergesetzt.
Die Klägerin kann von der Beklagten jedoch schon deshalb keine Zustimmung zur Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten aus dem noch vorhandenen Guthaben auf dem Nachlasskonto Nr. 19112655 bei der Sparkasse X. verlangen, weil diese beabsichtigte Tilgung keine ordnungsgemäße Nachlassverwaltung darstellt.
Der noch vorhandene Aktivnachlass des Erblassers setzt sich zusammen aus dem auf dem Nachlasskonto im Zeitpunkt der Einreichung der Klage vorhandenen Guthabenbetrag von 7.490 Euro (Bl. 5 d.A.) zzgl. weiterer 6.650 Euro Sterbegeld bei der Sterbekasse. der … (Bl. 3, 5 d.A.). Dieser Gesamtbetrag von 14.140 Euro wird indessen durch ihn übersteigende Nachlassverbindlichkeiten, deren Befriedigung die Klägerin aus dem Nachlass begehrt, erschöpft. Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen belaufen sich alleine die Forderungen für die sechs im Klageantrag genannten Verbindlichkeiten zzgl. von Kosten und Verbindlichkeiten sowie abzgl. von der Klägerin erbrachter Teilzahlungen auf 15.666,33 Euro (Bl. 2, 221–231 d.A.).
Wegen dieser Überschuldung des Nachlasses sind die Erben verpflichtet, einen Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens (§ 1980 BGB) oder auf Anordnung der Nachlassverwaltung (§ 1981 BGB) zu stellen. Ist die Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden Masse nicht tunlich oder wird aus diesem Grund die Nachlassverwaltung aufgehoben oder das Nachlassinsolvenzverfahren eingestellt, so kann der Erbe die Dürftigkeitseinrede des § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB erheben. In diesem Fall ist er verpflichtet, den Nachlass zum Zweck der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben (§ 1990 Abs. 1 S. 2 BGB). Gegebenenfalls kann er den Nachlass den Gläubigern zum Zweck ihrer Befriedigung auch freiwillig herausgeben (vgl. Palandt/Edenhofer, § 1990 BGB Rz. 10).
Demgegenüber entspricht es nicht einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung, wenn die Klägerin von der Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung von Nachlassverbindlichkeiten aus einem Nachlasskonto verlangt, das ersichtlich nicht zur vollständigen Befriedigung der Gläubiger ausreicht. Es ist in diesem Fall auch nicht etwa in das Belieben der Klägerin oder der Miterbengemeinschaft gestellt, se...