Leitsatz (amtlich)
1. Das Recht, abgabenfrei Milch anzuliefern, steht mit Ablauf eines Landpachtvertrages dem Verpächter zu. Dies gilt auch für sog. Altpachtverträge.
2. Dem Verpächter steht die Milchquote auch dann zu, wenn er zum Zeitpunkt der Beendigung des Pachtverhältnisses nicht selbst Milcherzeuger ist. Ausreichend ist die Absicht, die verfügbare Referenzmenge alsbald auf einen Dritten zu übertragen, der die Erzeugereigenschaft besitzt.
3. Beliefert der Pächter nach Ende des Pachtverhältnisses gleichwohl weiterhin die Milchquote, so steht dem Verpächter ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung jedenfalls insoweit zu, als der Übergang der Referenzmenge auf den Verpächter auch nach öffentlichem Recht rechtskräftig bescheinigt ist.
4. Dieser Bereicherungsanspruch verjährt nicht in der kurzen Frist des § 591b BGB.
Normenkette
BGB §§ 591b, 812 Abs. 1 S. 1; EGV 3950/92 Art. 7 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Langen (Urteil vom 30.12.2003; Aktenzeichen 8 Lw 38/03) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 30.12.2003 verkündete Urteil des AG - Landwirtschaftsgericht - Langen wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Wert der Beschwer: unter 20.000 Euro.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von dem Beklagten Schadensersatz wegen verspäteten Übergangs einer Milchreferenzmenge.
Der Kläger verpachtete durch schriftlichen Vertrag im Jahre 1980 (Bl. 4 f. d.A.) mehrere landwirtschaftliche Grundstücke an den Vater des Beklagten, und zwar auf die Dauer von 5 Jahren. Darunter befand sich auch eine Teilfläche des Flurstücks 65 der Flur 7 der Gemarkung S. zur Größe von 3,28 ha.
Nach Ablauf der 5-jährigen Pachtzeit verlängerte sich das Pachtverhältnis Jahr für Jahr. Ab dem 1.7.1989 pachtete der Beklagte den Betrieb nebst Pachtflächen von seinem Vater.
Zum 31.10.1990 kündigte der Kläger das Pachtverhältnis bezüglich der vorgenannten Teilfläche des Flurstücks 65. Der Beklagte gab die Fläche fristgerecht zurück.
Mit Schreiben v. 15.10.1997 (Bl. 37d.A.) bat der Kläger den Beklagten, "die Milchquoten ... mit abzugeben". Unter dem 23.10.1997 beantragte er bei der Landwirtschaftskammer, Kreisstelle C., ihm aus Anlass der Rückgabe der Teilfläche zur Größe von 3,28 ha zum 31.10.1990 den Übergang einer Referenzmenge zu bescheinigen. Nach mehrfachen Mahnungen erklärte der Beklagte mit Schreiben v. 20.4.1998 (Bl. 40d.A.) ggü. der Landwirtschaftskammer, die Pachtfläche habe in den letzten 3 Jahren vor der Abgabe nicht mehr der Milcherzeugung gedient. Vielmehr habe er in den Jahren 1988-1990 darauf Verkaufsfrüchte, nämlich Kartoffeln und Getreide, angebaut. Gemäß Schreiben der Landwirtschaftskammer v. 30.9.1998 (Bl. 87 d.A.) hielt diese die Angaben des Beklagten und die von ihm eingereichten Unterlagen für nicht ausreichend. Daraufhin legte der Beklagte mehrere Bescheinigungen (wohl anderer Landwirte) vor, in denen seine Angaben bestätigt wurden.
Mit Bescheid v. 4.2.1999 lehnte die Landwirtschaftskammer den Antrag des Klägers auf Bescheinigung eines Referenzmengenübergangs ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch hatte keinen Erfolg.
Auf die daraufhin vom Kläger erhobene Klage hob das VG S. durch Urt. v. 21.6.2001 den Bescheid der Landwirtschaftskammer auf und verpflichtete die Landwirtschaftskammer, dem Kläger einen Referenzmengenübergang von 6.203 kg seit dem 1.11.1997 zu bescheinigen (Bl. 6 ff. d.A.). Dieser Verpflichtung kam die Landwirtschaftskammer mit Bescheid v. 29.10.2001 (Bl. 48d.A., berichtigt am 1.7.2003 gem. Bl. 77d.A.) nach.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte schulde ihm Schadensersatz, weil er den rechtzeitigen Übergang der Milchquote schuldhaft mit unlauteren Mitteln verzögert habe.
Er berechnet seinen Schaden mit 0,20 DM pro Jahr und kg und gelangt so zu einem Gesamtbetrag von 4.962,40 DM für den Zeitraum v. 1.11.1997-31.10.2001.
Der Beklagte hat die Verjährungseinrede erhoben. Er hat im Übrigen aber einen Anspruch des Klägers dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Allemal habe er nicht schuldhaft gehandelt, sondern lediglich die ihm zustehenden Rechte ausgeschöpft. Tatsächlich habe die streitbefangene Fläche in den letzten 3 Jahren vor der Rückgabe an den Kläger nicht der Milcherzeugung gedient.
Dem Kläger sei aber auch kein Schaden entstanden, denn die Milchquote sei mit Beendigung des Pachtverhältnisses ohne Zutun der Parteien von Gesetzes wegen auf den Kläger übergegangen. Mindestens aber stehe ihm auf Grund des Urteils des VG dem Kläger die Quote seit dem 1.11.1997 zu und er habe sie nutzen können.
Das Landwirtschaftsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, der Beklagte hafte aus positiver Forderungsverletzung des Landpachtvertrages. Dieser Anspruch sei auch nicht verjährt. § 591b BGB sei auf den Anspruch des Klägers nicht anzuwenden (Bl. 94 ff. d.A.).
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Er wiederholt die ...