Entscheidungsstichwort (Thema)
Honorarforderung der ursprünglichen Rechtsanwaltssozietät bei Ausscheiden eines Gesellschafters
Leitsatz (amtlich)
Rechtsanwaltssozietäten werden grundsätzlich als Außengesellschaft geführt. Scheidet ein Gesellschafter aus der Sozietät aus, ist etwa dann von einer konkludenten Fortsetzungsvereinbarung auszugehen, wenn die ursprüngliche Sozietät in ihrer verbliebenen personellen Zusammensetzung z.B. Standort und Briefkopf (ohne den ausgeschiedenen Gesellschafter) beibehält.
Der Beweis für die Identität der Außengesellschaft kann durch Vorlage einer schriftlichen Vereinbarung aller Gesellschafter oder durch Zeugen geführt werden, wobei das Zeugnis eines einzigen der verbliebenen Gesellschafter ausreichen kann.
Normenkette
BGB § 736
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 30.01.2006; Aktenzeichen 1 O 195/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.1.2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Lüneburg wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 33.098 EUR nebst 5 % Zinsen p. a. seit dem 11.12.2004 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht Honoraransprüche für anwaltliche Tätigkeiten aus abgetretenem Recht geltend.
Der Beklagte war seit dem 1.1.2000 Mitglied des Vorstandes der C. AG in H. und seit dem 22.11.2000 deren Vorstandsvorsitzender. Nachdem sich Streitigkeiten mit dem Unternehmen wegen der Art seiner Unternehmensführung sowie persönlicher Vorwürfe einzelner Mitarbeiter abzeichneten, beauftragte er im April 2002 die Sozietät "W. W. W. F.-Z. Rechtsanwälte" (nachfolgend kurz: WWWFZ), die in Person von Rechtsanwalt S. F.-Z. zunächst beratend für ihn tätig wurde. Am 12.6./3.7.2002 schlossen die Sozietät und der Beklagte eine Honorarvereinbarung, wonach der Beklagte für die bisherige und künftige anwaltliche Vertretung ein Honorar von 250 EUR pro Anwaltsstunde und 200 EUR pro Stunde eines juristischen Mitarbeiters zzgl. Auslagen zahlen sollte (Anlage K 2, Bl. 21).
Am 23.4.2002 widerrief die C. AG die Bestellung des Beklagten zum Vorstand und kündigte seinen Dienstvertrag jeweils "aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung". Es folgten drei gerichtliche Verfahren, in denen ebenfalls Rechtsanwalt S. F.-Z. für den Beklagten tätig wurde. Zum einen leitete dieser ein einstweiliges Verfügungsverfahren gegen das Unternehmen ein (419 O 85/02 LG Hamburg), nahm den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung jedoch noch vor der mündlichen Verhandlung zurück, nachdem das LG der Gegenseite die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt hatte. Zum anderen wurde eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit von Widerruf bzw. Kündigung erhoben (419 O 90/02 LG Hamburg) und ein Urkundsprozess hinsichtlich der Vorstandsvergütung eingeleitet (419 O 194/02). Die beiden letztgenannten Verfahren wurden durch gerichtlichen Vergleich vom 7.4.2003 beendet, in dem sich das Unternehmen u.a. verpflichtete, an den Beklagten restliche Tantiemen i.H.v. 145.000 EUR sowie eine Abfindungsentschädigung i.H.v. 200.000 EUR zu zahlen (s. Anlage K 3, Bl. 23 ff.).
Der Kläger war zunächst Mitgesellschafter der Sozietät WWWFZ, die sowohl in H. als auch in M. ein Büro unterhielt. Der in M. ansässige Mitgesellschafter W. schied im Jahr 2002 aus der Sozietät aus. Nunmehr existiert eine Sozietät "W. W. F.-Z. Rechtsanwälte" (nachfolgend kurz: WWFZ), deren Mitgesellschafter der Kläger ist. Ob es sich hierbei um eine neu gegründete oder die unter neuem Namen fortgeführte ursprüngliche Sozietät handelt, ist zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 25.11.2003 rechnete die Sozietät WWFZ die anwaltliche Tätigkeit ihres Mitgesellschafters S. F.-Z. ab und bot dem Beklagten die Zahlung eines Pauschalhonorars i.H.v. 34.000 EUR zzgl. Nebenkosten und Mehrwertsteuer an (s. Anlage K 6, Bl. 40 ff.). Der Beklagte reagierte auf die Rechnung zunächst nicht. Nachdem ihm mit Schreiben vom 28.1.2004 erläutert worden war, dass insgesamt 167 Stunden angefallen seien, der angebotene Pauschalpreis aber zu seinen Gunsten nur 134 Stunden zugrunde lege, zahlte der Beklagte 10.000 EUR. Die Sozietät sah dies - im Zusammenhang mit dem Schreiben des Beklagten vom 23.1.2004 (Bl. 43 d.A.) - als Ablehnung des Pauschalpreisangebotes an, berechnete nunmehr das vereinbarte Honorar auf Stundenbasis und stellte dem Beklagten mit Schreiben vom 11.2.2004 schließlich 48.898 EUR in Rechnung (Anlage K 10, Bl. 47).
Mit der Klage hat der Kläger die in der Anlage K 10 berechnete Forderung abzgl. der bereits geleisteten 10.000 EUR und eines Abschlages In Höhe von 5.800 EUR wegen zu erwartender Einwände des Beklagten gegen die Höhe der Forder...