Leitsatz (amtlich)
Eine Vergütungsvereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandant, nach der der Rechtsanwalt für seine außergerichtliche Tätigkeit ein Honorar i.H.v. 150 EUR je Stunde erhält, ist auch dann nicht nach § 138 BGB sittenwidrig, wenn durch den erheblichen Zeitaufwand bei Bearbeitung der Angelegenheit der auf Stundenbasis berechnete Zahlungsanspruch denjenigen, der sich bei einer streitwertabhängigen Berechnung ergeben würde, deutlich übersteigt.
Normenkette
RVG § 4; BGB § 138
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 04.05.2009; Aktenzeichen 20 O 271/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 4.5.2009 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des LG Hannover teilweise geändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.586,40 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 1.2.2006 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/3, der Beklagte 2/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt vom Beklagten Zahlung restlichen Anwaltshonorars. Der Kläger war für den Beklagten im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens tätig, in dem der Beklagte, der im Lokal seines Vaters Em. L. als Kellner arbeitete, beschuldigt wurde, als verdeckter Geschäftsführer selbst unmittelbar Steuern hinterzogen oder jedenfalls zur Steuerhinterziehung Beihilfe geleistet zu haben. In Rede stand ein Betrag von 180.000 EUR. Das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Der Beklagte hat auf der Grundlage einer tatsächlichen Verständigung, die aufgrund von Verhandlungen des Klägers mit dem Finanzamt erzielt wurde, Steuern i.H.v. 40.000 EUR nachgezahlt.
Der Kläger hat seinen Vergütungsanspruch zunächst auf der Grundlage einer zwischen den Parteien getroffenen Honorarvereinbarung vom 8.3.2005 (Bl. 32 d.A.) mit netto 9.477,99 EUR zzgl. Auslagen, u.a. für die Hinzuziehung des Steuerberaters M. i.H.v. netto 1.500 EUR, in Rechnung gestellt. Auf der Grundlage einer nach Rechnungsstellung erfolgten Absprache zwischen dem Kläger und dem Beklagten, die als solche unstreitig ist, hat der Kläger sein Honorar auf 6.500 EUR ermäßigt. Auf dieser Vereinbarung beruht die Rechnung des Klägers vom 29.12.2005 (Bl. 76 d.A.), mit der der Kläger nunmehr ein eigenes Honorar i.H.v. 6.500 EUR sowie Auslagen für den Steuerberater M. i.H.v. netto 1.500 EUR geltend gemacht hat. Unter Berücksichtigung erfolgter Auslagen und Umsatzsteuern sowie einer bereits geleisteten Teilzahlung i.H.v. 2.000 EUR errechnete sich eine Honorarforderung i.H.v. 7.326,40 EUR, auf die der Beklagte unstreitig weitere 2.000 EUR gezahlt hat.
Auf dieser Grundlage hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 5.326,40 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, die am 8.3.2005 zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung sei gem. § 138 BGB sittenwidrig. Ein Vergleich zwischen den dem Kläger gesetzlich zustehenden Gebühren, die sich, wie von der Generalstaatsanwaltschaft als Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen festgesetzt, auf 490,91 EUR beliefen und dem vom Kläger verlangten Betrag i.H.v. 9.297 EUR (netto) ergebe, dass die Honorarforderung des Klägers dessen gesetzlichen Anspruch um etwa das 20-fache überschreite. Auch die auf 6.500 EUR ermäßigte Forderung sei nach § 138 BGB sittenwidrig. Zudem hat der Beklagte bestritten, dass die Arbeiten, die der Kläger in einem Zeitjournal erfasst hat und die zu einem erheblichen Teil die Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt wegen der nachzuzahlenden Steuern betreffen, vom Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 8.3.2005 umfasst waren. Auch der vom Kläger berechnete Zeitaufwand sei weder geleistet worden noch erforderlich gewesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Aus der Honorarvereinbarung vom 8.3.2005 stehe dem Kläger kein Honorar zu. Die Liquidation enthalte unter verschiedenen Positionen einen Zeitaufwand, der von der Honorarvereinbarung nicht erfasst sei, da es sich insoweit nicht um Tätigkeiten gehandelt habe, die mit dem Ermittlungsverfahren sowie Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang gestanden hätten. Soweit der Kläger sein Honorar auf 6.500 EUR ermäßigt habe, fehle es für einen Zahlungsanspruch an einer hierfür wirksamen, insbesondere den Voraussetzungen des § 4 RVG entsprechenden Honorarvereinbarung. Ersatz seiner Auslagen für den Steuerberater M. i.H.v. netto 1.500 EUR könne der Kläger nicht beanspruchen, da nicht dargelegt sei, dass - wie in der Honorarvereinbarung vorgesehen - die Beauftragung Dritter nur in Abstimmung mit dem Beklagten erfolgen durfte.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umf...