Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer gegen den Anlageberater auf Ersatz des durch eine kreditfinanzierte Kapitalanlage erlittenen Schadens obliegt es dem Kläger, seinen Schaden als Differenz zweier Vermögenslagen, nämlich derjenigen vor dem beziehungsweise ohne das schädigende Ereignis und derjenigen, die durch das schädigende Ereignis ausgelöst ist, wertmäßig vergleichbar darzustellen.
2. Handelt es sich bei der Anlage um eine kreditfinanzierte Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds und widerruft der anwaltlich beratene Anleger in einem solchen Falle seine auf Abschluss des Kreditvertrages gerichtete Erklärung ggü. der kreditgebenden Bank unter Berufung auf das Haustürwiderrufsgesetz, muss er seinen Schaden ggü. dem Anlageberater so darlegen, dass er nach den in der Entscheidung des BGH vom 21.7.2003 (BGH v. 21.7.2003 – II ZR 387/02, BGHReport 2003, 1208 = MDR 2003, 1188) niedergelegten Grundsätzen abrechnet und vorträgt, dass er bei Rückabwicklung der Anlage als verbundenes Geschäft noch einen Schaden hat.
3. Der Anleger kann nicht ggü. dem Anlageberater seinen Schaden abrechnen, als habe der Widerruf nicht stattgefunden. [Abgrenzung zu OLG Celle v. 15.8.2002 – 11 U 291/01, OLGReport Celle 2002, 250 und v. 15.8.2002 – 11 U 341/01]
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 24.01.2003; Aktenzeichen 13 O 6236/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil der 13. Zivilkammer des LG Hannover vom 24.1.2003 teilweise abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. je 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in nämlicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer des Klägers übersteigt 20.000 Euro.
Gründe
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um die Verpflichtung der Beklagten zu 1), dem Kläger für eine aus seiner Sicht misslungene Kapitalanlageberatung Schadensersatz zu leisten.
Der Kläger, ein Diplom-Ingenieur, beteiligte sich im Mai 1995 mit einem Betrag von 100.000 DM zzgl. 5.000 DM Abwicklungsgebühr und im November 1996 mit einem Betrag von 50.000 DM zzgl. 2.500 DM Abwicklungsgebühr an der so genannten „Dreiländer Beteiligung Objekt DLF 94/17-W.F. KG-”, einem in Form einer Kommanditgesellschaft organisierten geschlossenen Immobilienfonds (im Folgenden: Dreiländerfonds). Der Dreiländerfonds unterhält Immobilien und Wertpapiere in den USA, Deutschland und der Schweiz, u.a. das Freizeit- und Erlebniszentrum in …, dessen Hauptmieterin die … war, die im Jahr 1999 insolvent wurde. Der Kläger hat einen Prospekt der Initiatoren dieses Fonds zu den Akten gereicht, der zur 3. Aufl. aus dem Januar 1995 gehört (K 11). Auf den Prospekt nehmen die vom Kläger am 23.5.1995 und am 2.11. unterzeichneten Beteiligungsangebote (K 2 und K 3) Bezug.
Den Beteiligungen des Klägers vorangegangen war eine Beratung durch den für die Beklagte zu 1), ein großes Finanzdienstleistungsunternehmen, als Handelsvertreter tätigen früheren Beklagten zu 2). Der Kläger stand mit der Beklagten zu 1) seit dem Jahr 1991 wegen über den früheren Beklagten zu 2) vermittelter Versicherungen in Kontakt. Der frühere Beklagte zu 2) erstellte im Rahmen der Beratung des Klägers im Mai 1995 eine sog. Wirtschaftsanalyse (B 2/1, Bl. 276), bei der u.a. der Zeithorizont des Klägers bei Spar- und Anlageentscheidungen als kurzfristig angegeben war. Daneben übergab der frühere Beklagte zu 2) dem Kläger Beispielsrechnungen (vgl. K 5) sowie positive Presseberichte über den Dreiländerfonds (Anlagenkonvolut K 7), informierte ihn aber nicht über zum Zeichnungszeitpunkt bereits erschienene negative Presseberichterstattung in Brancheninformationsdiensten sowie in der Wirtschaftswoche vom 23.3.1995 (K 36). Der Kläger erhielt ein Schreiben der Beteiligungsgesellschaft vom 13.6.1995, in dem sie dem früheren Beklagten zu 2) bestätigte, dass bisher jeder Verkaufswunsch der Beteiligungen berücksichtigt werden konnte und in dem die derzeitigen Verkaufswerte angegeben waren (K 6).
Die Beteiligungen an dem Dreiländerfonds finanzierte der Kläger überwiegend durch Bankdarlehen. Für die erste Beteiligung an dem Dreiländerfonds i.H.v. 100.000 DM brachte der Kläger nur die sog. Abwicklungsgebühr i.H.v. 5.000 DM aus eigenen Mitteln auf. Im Übrigen nahm er mit Vertrag vom 31.5.1995 bei der A. Bank ein Darlehen zu einem effektiven Jahreszins von 8,58 % auf, für das er ab 1.7.1995 eine monatliche Rate i.H.v. 1.004,17 DM bei einer Zinsfestschreibung bis zum 30.6.2000 zu zahlen hatte (K 9). Die zweite Beteiligung an dem Dreiländerfonds i.H.v. nominell 50.000 DM finanzierte er i.H.v. 21.000 DM selbst und nahm mit Vertrag vom 22.11.1996 in Höhe eines Betrages von 31.500 DM ein Darlehen bei der B. Bank zu einem effektiven Jahreszins von 7,13 % au...