Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Wettbewerbswidrigkeit einer Werbung eines Gold-/Edelmetallankäufers mit einer "kostenlosen Schätzung"
Leitsatz (amtlich)
Die Werbung eines Gold-/Edelmetallankäufers, in der für den Ankauf von Edelmetallen geworben und in diesem Rahmen eine "kostenlose Schätzung" offeriert wird, stellt keine "unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten" dar.
Normenkette
UWG § 5 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 28.06.2012; Aktenzeichen 7 O 51/12) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) des LG Lüneburg vom 28.6.2012 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht mit der Klage die Kosten für eine vorprozessuale Abmahnung geltend. Der Abmahnung zugrunde lag eine Anzeige der Beklagten, in der sie für den Ankauf von Edelmetallen warb und insoweit eine "kostenlose Schätzung" offerierte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin klagebefugt i.S.d. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG sei. Zwischen den Parteien bestehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Die monierte Werbung würde gegen § 5 Abs. 1 UWG verstoße. Die Werbeaussage "kostenlose Schätzung" sei irreführend. Unstreitig sei zwischen den Parteien der Ausgangspunkt, dass eine Schätzung der angebotenen Ware im Ankauf von Altedelmetallen grundsätzlich kostenlos erfolge. Wenn in diesem Zusammenhang die Beklagte damit werbe, eine solche grundsätzlich kostenlose Leistung ebenfalls kostenlos anzubieten, werbe sie mit Selbstverständlichkeiten.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Die Beklagte wiederholt und vertieft zunächst ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Ergänzend führt sie aus, dass das LG zu Unrecht und insoweit auch verfahrensfehlerhaft davon ausgegangen sei, dass zwischen den Parteien ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe. Diesbezüglichen Vortrag habe die Klägerin erstinstanzlich gar nicht gehalten. Es habe auch kein Unterlassungsanspruch nach § 5 Abs. 1 UWG bestanden. Die streitgegenständliche Werbung sei keine irreführende Werbung mit einer Selbstverständlichkeit.
Die Beklagte beantragt, das am 28.6.2012 verkündete Urteil des LG Lüneburg aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Ergänzend trägt sie zum Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses vor.
Auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend verwiesen.
II. Die Berufung hat Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Abmahnung gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die Abmahnung war nicht berechtigt, da der Klägerin gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG zustand.
1. Allerdings geht der Senat davon aus, dass die Klägerin klagebefugt i.S.v. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist.
a) Die diesbezügliche, entsprechende Annahme des LG war allerdings rechts- und verfahrensfehlerhaft. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf seine Ausführungen in dem Hinweisbeschluss vom 7.9.2012 Bezug. Da das LG die Klägerin verfahrensfehlerhaft nicht darauf hingewiesen hat, dass sie Vortrag zum Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses nicht gehalten hat, musste der Senat der Klägerin hierzu in der Berufungsinstanz Gelegenheit geben. Das hierauf gehaltene Vorbringen der Klägerin ist daher gem. § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu berücksichtigen.
b) Die für die Annahme der Klagebefugnis i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG erforderliche Stellung als Mitbewerber i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG liegt vor, wenn die Parteien versuchen, Waren oder Dienstleistungen innerhalb derselben Verkehrskreise abzusetzen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten den anderen beeinträchtigen kann. Das setzt voraus, dass sich die beteiligten Unternehmen auf denselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 29.3.2007 - I ZR 122/04, juris Rz. 18). Der räumlich maßgebliche Markt wird im Wesentlichen durch die Reichweite der Geschäftstätigkeit des werbenden Unternehmens bestimmt. Er kann örtlich oder regional begrenzt sein. Die...