Leitsatz (amtlich)
1. Auch der Vorsitzende einer Kammer für Handelssachen ist als Einzelrichter i.S.d. §§ 526 Abs. 1, 568 Abs. 1 S. 1 ZPO anzusehen.
2. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs.
3. Die Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhanges ist auch auf dem Gebiet des Zivilrechts grundsätzlich nicht mehr heranzuziehen.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 44 O 452/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Vollstreckungsschuldners wird der Beschluss des LG Dresden, 4. Kammer für Handelssachen, vom 15.7.2002 (Az.: 44 O 452/99) aufgehoben.
Dem LG werden die auf die Anträge des Vollstreckungsgläubigers vom 9.7.2001 und vom 17.7.2001 auf Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO erforderlichen Anordnungen ebenso übertragen wie die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.
Gründe
A. Der Vollstreckungsschuldner wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO.
Das LG Dresden erließ mit Beschluss vom 16.7.1999 eine einstweilige Verfügung, wonach dem Vollstreckungsschuldner untersagt wurde, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag des Vollstreckungsgläubigers auf Abberufung des Vollstreckungsschuldners als Liquidator der G.-GmbH i.L. jegliche Verfügungen über Grundstücke und sonstige Vermögenswerte der Gesellschaft zu unterlassen. Ferner wurde ihm untersagt, Darlehen oder sonstige Geldbeträge an sich, an Gesellschafter der G.-GmbH i.L. oder an mit diesen direkt oder indirekt verbundene Dritte auszureichen. Hiervon ausgenommen sein sollten lediglich durch Gerichtsurteil festgesetzte und vollstreckbare Beträge sowie Gehaltszahlungen i.H.d. durchschnittlich in den letzten drei Monaten gezahlten Beträge.
Mit Beschluss vom 21.7.1999 wurde auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers dem Vollstreckungsschuldner für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld, ersatzweise Ordnungshaft angedroht.
Mit Urteil vom 22.10.1999 wurde die gegen den Vollstreckungsschuldner erlassene einstweilige Verfügung aufrechterhalten. Die hiergegen gerichtete Berufung wurde zurückgenommen.
Auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers wurde gegen den Vollstreckungsschuldner mit Beschluss des LG vom 16.5.2000 ein Zwangsgeld i.H.v. 40.000 DM festgesetzt, weil aufgrund einer vom Vollstreckungsschuldner erteilten Vollmacht unter dem 22.11.1999 ein notariell beurkundeter Kaufvertrag über Grundstücke der Gesellschaft zu einem Kaufpreis von 1,485 Mio. DM geschlossen wurde. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vollstreckungsschuldners blieb ohne Erfolg.
Mit Schriftsätzen vom 9.7.2001 und vom 17.7.2001 begehrte der Vollstreckungsgläubiger die Festsetzung weiterer Ordnungsmittel, weil der Vollstreckungsschuldner in dem Zeitraum vom 12.8.1999 bis 30.11.1999 Zahlungen der Gesellschaft an sich bzw. an Gesellschafter oder mit diesen verbundene Personen i.H.v. insgesamt 116.828,83 DM veranlasst habe.
Das LG setzte mit Beschluss vom 15.7.2002 gegen den Vollstreckungsschuldner ein Zwangsgeld i.H.v. 20.000 Euro, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben kann, für je 500 Euro einen Tag Ordnungshaft, fest.
Gegen den ihn am 17.7.2002 zugestellten Beschluss hat der Vollstreckungsschuldner mit am 31.7.2002 bei Gericht eingegangenem Beschluss sofortige Beschwerde erhoben.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 30.8.2002 nicht abgeholfen und die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
B. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 793 ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig, insb. innerhalb der in § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO bestimmten Frist erhoben.
I. Über die sofortige Beschwerde war nach § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO durch den Einzelrichter zu befinden, da die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen worden ist. Auch der Vorsitzende einer Kammer für Handelssachen, der hier allein entschieden hat, ist als Einzelrichter i.S.d. § 526 Abs. 1 Nr. 1 ZPO anzusehen (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 568 Rz. 2; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 24. Aufl., § 568 Rz. 2). Die teilweise vertretene Ansicht, der Vorsitzende einer Kammer für Handelssachen sei nicht als Einzelrichter anzusehen (OLG Karlsruhe v. 13.5.2002 – 3A W 50/02, OLGReport 2002, 198 = MDR 2002, 778), überzeugt nicht.
1. Aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes lassen sich keine zwingende Argumente für eine derartige Betrachtungsweise ableiten. Zwar wird in § 105 Abs. 1 GVG, § 349 ZPO der allein entscheidungsbefugte Vorsitzende einer Kammer für Handelssachen nicht explitzit als Einzelrichter bezeichnet. Jedoch findet sich die Regelung des § 349 ZPO gerade in dem mit „Titel 4. Verfahren vor dem Einzelrichter” überschriebenen Abschnitt der ZPO. Bereits daraus ergibt sich in eindeutiger Weise, dass der Gesetzgeber auch den Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen in den Fällen,...