Leitsatz (amtlich)
Im deutsch-amerikanischen Auslieferungsverkehr auf der Grundlage des Auslieferungsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 20. Juni 1978 in der Fassung des Zusatzvertrages vom 21. Oktober 1986 (US-AuslV) findet auf deutscher Seite eine Tatverdachtsprüfung grundsätzlich nicht statt. Bei einem amerikanischen Ersuchen um vorläufige Inhaftnahme bedarf es trotz der Bestimmung in Artikel 16 Abs. 2 Satz 3 US-AuslV keiner weiteren Angaben, die notwendig wären, um die Ausstellung eines Haftbefehls in der Bundesrepublik Deutschland zu rechtfertigen, falls die Straftat hier begangen worden wäre.
Tenor
Die Einwendungen des Verfolgten gegen den Vorläufigen Auslieferungshaftbefehl vom 05. November 2008 werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Senat hat am 05. November 2008 gegen den Verfolgten die vorläufige Auslieferungshaft zum Zwecke seiner Auslieferung an die Vereinigten Staaten von Amerika zur Strafverfolgung angeordnet.
a) Mit Schriftsätzen seiner Beistände vom 11. und 24. November 2008 erhebt der Verfolgte Einwendungen gegen den Vorläufigen Auslieferungshaftbefehl. Er begehrt die Aufhebung des Haftbefehls, hilfsweise dessen Außervollzugsetzung.
Die notwendigen förmlichen Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft lägen nicht vor. Gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 3 US-AuslV hätte das Ersuchen um vorläufige Inhaftnahme weitere Angaben enthalten müssen, die notwendig gewesen wären, um die Ausstellung eines Haftbefehls im ersuchten Staat zu rechtfertigen, falls die Straftat in diesem Staat begangen worden wäre. Prüfungsmaßstab seien deshalb nicht die sich aus §§ 15, 16 IRG ergebenden Anforderungen, sondern vielmehr §§ 112 ff. StPO. Dabei sei nicht auf eine materielle Verdachtsprüfung abzustellen. Vielmehr hätte das Ersuchen um vorläufige Inhaftnahme tatsächliche Angaben dazu enthalten müssen, die die rechtliche Prüfung erlaubt hätten, ob nach deutschem Recht der Erlass eines Haftbefehls gesetzeskonform wäre, wenn die beschriebene Tat hier begangen worden wäre. Ein solcher dringender Tatverdacht sei nicht dargelegt. Das Ersuchen mache auch keine Angaben zum Haftgrund. Der in Betracht kommende Haftgrund der Fluchtgefahr sei nach dem bisherigen Verlauf des amerikanischen Ermittlungsverfahrens nicht anzunehmen.
Auch für die Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft fehle es an dem Haftgrund der Fluchtgefahr. Der Verfolgte befinde sich nicht auf der Flucht, sondern lebe seit Jahren offen und unbehelligt in der Republik Ungarn. Er sei dort sozial fest integriert. Eine Fluchtgefahr könne auch nicht aus dem zu erwartenden Strafmaß hergeleitet werden, weil dieses nicht sicher festgestellt werden könne. Der Verfolgte wisse, dass er sich dem Strafverfahren auch in seinem Heimatland nicht werde entziehen können. Aus dem ungarisch-amerikanischen Auslieferungsübereinkommen ergebe sich, dass es in Ungarn keine Regel gäbe, die ein Auslieferungsverbot für ungarische Staatsbürger begründen könnten. Hinzu komme, dass der Verfolgte auch amerikanischer Staatsbürger sei. Überdies habe Ungarn als Mitgliedsstaat der Europäischen Union das zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika beschlossene Auslieferungsübereinkommen unterzeichnet und in innerstaatliches Recht umgesetzt. Danach sei es erst recht möglich und zulässig, eine Auslieferung von der Republik Ungarn in die Vereinigten Staaten von Amerika zu bewirken. Schließlich könne einem Fluchtanreiz auch dadurch begegnet werden, dass der Verfolgte eine Kaution stelle.
b) Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, den vorläufigen Auslieferungshaftbefehl in Vollzug zu belassen. Zu dem darin geäußerten - und dem Beistand Dr. W - durch die Generalstaatsanwaltschaft mündlich mitgeteilten tragenden Argument, mit Blick auf die obergerichtliche Rechtsprechung zu Art. 14 US-AuslV finde eine Tatverdachtsprüfung nicht statt, hat der Verfolgte über seinen Beistand Dr. W am 28. November 2008 Stellung genommen.
II.
Die gemäß § 23 IRG statthaften Einwendungen des Verfolgten gegen den vorläufigen Auslieferungshaftbefehl und dessen Vollzug erweisen sich als unbegründet.
Das dem vorläufigen Auslieferungshaftbefehl zugrundeliegen- de Ersuchen des amerikanischen Justizministeriums erfüllt die Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 US-AuslV, §§ 16 Abs. 1 Nr. 1, 15 IRG. Darüber hinausgehender Angaben zum Tatverdacht und zum Vorliegen eines Haftgrundes bedurfte es nicht.
1. Die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 US-AuslV sind erfüllt. Der Senat nimmt insoweit auf seinen vorläufigen Auslieferungshaftbefehl Bezug.
Der Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft steht § 16 Abs. 2 Satz 3 US-AuslV nicht entgegen.
Im deutsch-amerikanischen Auslieferungsverkehr findet auf deutscher Seite bei der Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass eines vorläufigen Auslieferungshaftbefehls eine Tatverdachtsprüfung in materieller Hinsicht grundsä...