Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafprozess: IRG. Zu den Voraussetzungen der Auslieferungshaft aufgrund des deutsch-amerikanischen Ausliferungsvertrages vom 20.6.1978 wegen des Vorwurfs der Computerkriminalität (Entwendung von Kreditkartenkontonummern) nach einem Haftbefehl eines US-Gerichts: Auslieferung. Auslieferungshaft. Auslieferungsvertrag. USA. Vereinigte Staaten. Computerhacker. Hacker. Kreditkarten. Kreditkartenkontonummern. Kontonummern

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Auslieferungshaft aufgrund des deutsch-amerikanischen Auslieferungsvertrages vom 20. Juni 1978 wegen des Vorwurfs der Computerkriminalität (Entwendung von Kreditkartenkontonummern) nach einem Haftbefehl eines US-Gerichts.

 

Normenkette

IRG §§ 15-16, 26, 29

 

Gründe

Das Justizministerium der Vereinigten Staaten von Amerika hat am 03. März 2008 um vorläufige Festnahme des Verfolgten zur Vorbereitung seiner Auslieferung in die USA zum Zweck der Strafverfolgung ersucht.

Gegen den Verfolgten besteht ein Haftbefehl des US-Distriktsgerichts für den südlichen Distrikt von O3 vom 08. Februar 2008 (Az.: No. ...).

Dem Verfolgten wird danach zur Last gelegt, als Computerhacker ab dem Jahre 2005 von gewerblichen Datenbanken Millionen von Kreditkartenkontonummern entnommen und sie u. a. an seinen Mittäter X weitergegeben zu haben, der diese über das Internet verkaufte. Der Verfolgte wollte an den Verkaufserlösen partizipieren. Allein die auf der Festplatte des X gespeicherten Mitteilungen belegten, dass ihm der Verfolgte ungefähr 160.000 Kreditkartennummern zur Verfügung gestellt habe. Der durch das Eindringen in die Datenbanken verursachte Schaden betrage mehr als 100 Millionen Dollar.

Nach dem bisher bekannten Sachverhalt ist die Auslieferung zulässig.

Die Taten sind nach deutschem Recht (§§ 263 Abs. 1, 3 Nr. 1 und 2, 263 a Abs. 1 und 2, 202 a StGB) und nach US-amerikanischen Recht (Title 18 U.S. Code, Sections 1029 (a) (2) und (c) (1) (A) (I)) strafbar.

Sie sind nach Art. 2 des Auslieferungsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 20. Juni 1978 (BGBl 1980 II, Seite 646, 1300 in Verbindung mit dem Zusatzvertrag vom 21. Oktober 1986 (BGBl 1988 II, Seite 1086, 1993 II, Seite 846) auslieferungsfähig.

Die vorläufige Auslieferungshaft ist erforderlich, weil die Gefahr besteht, dass sich der Verfolgte, der in der Bundesrepublik Deutschland über keinen festen Wohnsitz verfügt und sich auf der Durchreise befand, dem Auslieferungsverfahren entziehen wird.

Bei der Eröffnung dieses Auslieferungshaftbefehles wird der Verfolgte vorsorglich nach einer Person seines Vertrauens zu befragen sein.

Im Nachgang zu obiger Entscheidung erging am 20.3.2008 folgender Beschluss (die Red.):

Gründe

Mit Beschluss vom 5. März 2008, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat der Senat gegen den Verfolgten die vorläufige Auslieferungshaft angeordnet.

Nunmehr hat die Botschaft der USA in O1 mit Schreiben vom 12. März 2008 gebeten, die Frist zur Vorlage der förmlichen Auslieferungsunterlagen um 20 Tage zu verlängern.

Diesem Antrag ist nach Art. 16 Abs. 4 S. 2 des deutsch-amerikanischen Auslieferungsvertrages vom 20.6.1978 (BGB1 II 1980, S. 646 und S. 1300) zu entsprechen.

Die Besonderheiten des Auslieferungsverfahrens rechtfertigen die begehrte Fristverlängerung. Die in dem Ersuchen um vorläufige Festnahme des Verfolgten geschilderten Tatvorwürfe sind nicht einfach gelagert und von größerem Umfang.

Mit Rücksicht auf die strengen Formerfordernisse nach amerikanischem Recht ist deshalb eine Fristverlängerung um 20 Tage angemessen.

Im Nachgang zu obiger Entscheidung erging am 30.4.2008 folgender Beschluss (die Red.):

Gründe

Mit Beschluss vom 5. März 2008, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat der Senat gegen den Verfolgten die vorläufige Auslieferungshaft angeordnet. Das Auslieferungsersuchen und die Unterlagen sind bereits eingegangen, befinden sich derzeit aber noch auf dem Geschäftsweg zum Bundesamt für Justiz.

Mit Verbalnote vom 11. April 2008 nebst beigefügten Unterlagen begehrt die Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika nunmehr die Auslieferung des Verfolgten auch zur Strafverfolgung wegen der in dem Haftbefehl des Bezirksgerichts der Vereinigten Staaten des östlichen Bezirks von O2 vom 12. März 2008 (Az.: ...) in Verbindung mit der Anklageschrift desselben Gerichts vom 12. März 2008 bezeichneten Straftaten. Dem Verfolgten wird zur Last gelegt, zusammen mit anderen Personen von April bis September 2007 unbefugt auf die Computersysteme der US-Restaurantkette Y zugegriffen und zu betrügerischen Zwecken mehr als 5.000 Kontonummern für Kreditkarten- und Lastschriftkarten erlangt zu haben.

Gegen die Auslieferung bestehen keine Bedenken. Die Taten sind nach deutschem Recht (§§ 202a, 263a, 269, 27, 52, 53 StGB) und nach amerikanischem Recht (Kapitel 18 Absätze 2, 371, 981, 982, 1028A, 1029, 1029 (a)(3),1029 (b)(2), 1029 (c)(1)(A)(i), 1030, 1343, 1349, 2511, 3551 des Gesetzbuchs der Vereinigten Staaten von Amerika) strafbar. Sie sind...

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