Leitsatz (amtlich)
Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne von § 138 Abs. 1 StPO ist auch ein an einer staatlich anerkannten Fachhochschule ein rechtswissenschaftliches Fach lehrender Professor.
Tenor
Auf die Beschwerden des Angeklagten und von Prof. Dr. K wird der Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 2. März 2000 aufgehoben. Prof. Dr. B K wird als Wahlverteidiger des Angeklagten zugelassen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die durch dieses entstandenen notwendigen Auslagen der Beschwerdeführer fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer zu 2) lehrt seit seiner Ernennung zum Professor als Beamter auf Lebenszeit an der Fachhochschule V - Hochschule für Polizei -, bei der es sich um eine nach § 88 des Gesetzes über die Fachhochschulen im Lande (Fachhochschulgesetz - FHG) i. d. F. vom 01. 02. 2000 errichtete staatliche Fachhochschule (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 FHG) handelt, u. a. Strafprozessrecht. Er hat sich erstmals am 21. 02. 1994 in dem gegen den Angeklagten und Beschwerdeführer zu 1) geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, von dem das hiesige Verfahren abgetrennt wurde, als dessen Wahlverteidiger bestellt, als der er seitdem tätig ist.
Die für das Verfahren nach Anklageerhebung zuständige Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Chemnitz hat mit Beschluss vom 02. März 2000 entschieden, den Beschwerdeführer zu 2) nicht als Verteidiger des Angeklagten zuzulassen, da er als Fachhochschullehrer nicht Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne von § 138 Abs. 1 StPO sei und deshalb als Verteidiger einer besonderen Zulassung gemäß § 138 Abs. 2 StPO bedürfe, die er jedoch ausdrücklich nicht beantragt habe und die in Ermangelung einer nach dem Rechtsberatungsgesetz erforderlichen Erlaubnis auch zu versagen wäre.
Gegen diesen Beschluss haben sowohl der Beschwerdeführer zu 2) persönlich als auch der Angeklagte durch Schriftsatz eines seiner übrigen Verteidiger Beschwerde eingelegt. Sie vertreten im Wesentlichen die Ansicht, dass wegen der Gleichstellung von Fachhochschulen und Universitäten durch das Hochschulrahmengesetz (HRG) unter dem gemeinsamen Oberbegriff "Hochschule" (§ 1 HRG) auch der ein rechtswissenschaftliches Fach an einer Fachhochschule lehrende Professor "Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule" im Sinne von § 138 Abs. 1 StPO sei. Entgegen dem obiter dictum im Urteil des Bundesgerichtshofes vom 26. 05. 1986 (BGHSt 34, 85, 87/88) und der der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zu § 67 Abs. 1 VwGO folgenden herrschenden Ansicht in der Literatur rechtfertige die Vorschrift weder ihrer Entstehungsgeschichte noch ihrem Sinn und Zweck nach eine einengende Auslegung. - Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht hat die Verwerfung der Beschwerden als unbegründet beantragt.
Mit Beschluss vom 15. März 2000 hat der Senat den Beschwerdeführer zu 2) gemäß § 307 Abs. 2 StPO vorläufig als Verteidiger des Angeklagten zugelassen.
II.
Die zulässigen Beschwerden sind begründet, da der Beschwerdeführer zu 2) gemäß § 138 Abs. 1 StPO als Verteidiger des Angeklagten ohne besondere Zulassung gewählt werden kann. "Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule" im Sinne dieser Vorschrift ist auch ein an einer staatlich anerkannten Fachhochschule lehrender Rechtsprofessor.
1. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer ergibt sich dies noch nicht zwingend daraus, dass der in § 1 HRG normierte Begriff der Hochschule im hochschulrechtlichen Sinne gleichermaßen Fachhochschulen wie Universitäten umfasst.
a) Soweit das Bundesverwaltungsgericht - welches nur wissenschaftliche Hochschulen als Hochschulen im Sinne der dem § 138 Abs. 1 StPO nachempfundenen Vorschrift des § 67 Abs. 1 VwGO ansieht (BVerwG NJW 1975, 1899; NJW 1979, 1174 f. ; zuletzt NJW 1997, 2399) - argumentiert, einem Verständnis der Vorschrift als dynamische Verweisung auf das Hochschulrecht stehe die Unzulässigkeit bundesrechtlicher Blankettverweisungen auf das Landesrecht entgegen (BVerwG NJW 1979, 1174), vermag der Senat dem zwar deshalb nicht zu folgen, weil die als Bezusgnorm in Betracht kommende Vorschrift des § 1 HRG ebenfalls dem Bundesrecht zugehörig ist. Ebenso wenig vermag der Umstand, dass dem Gesetzgeber der StPO lediglich Universitäten und vergleichbare wissenschaftliche Hochschulen bekannt waren, für sich genommen eine einengende Auslegung des Hochschulbegriffes zu präjudizieren, da damit noch nichts darüber gesagt ist, ob der historische Gesetzgeber - hätte er die Institution der Fachhochschule gekannt - die gesetzliche Regelung entsprechend enger gefasst hätte.
b) Eine von der hochschulrechtlichen Begriffsbildung abweichende Auslegung des § 138 Abs. 1 StPO ist jedoch deswegen nicht von vornherein ausgeschlossen, weil das Hochschulrecht selbst Universitäten und Fachhochschulen differenziert behandelt.
Die in unterschiedlicher Ausprägung vertretene Ansicht, die Auslegung des Hochschulbegriffes in § 138 Abs. 1 StPO und entsprechender Parallelvorschriften in anderen Verfahrensgesetzen habe der hochschul...