Leitsatz (amtlich)

1. War eine Rechtsbehelfsbelehrung für eine dem Anwaltszwang unterliegende Beschwerde nicht erforderlich, wird sie aber gleichwohl erteilt, muss sie einen Hinweis auf den Anwaltszwang enthalten. Ist dies nicht der Fall, ist regelmäßig von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren abzusehen (Festhaltung Senat, Beschlüsse vom 1. November 2018 - 4 W 983/18 - und vom 11. Februar 2019 - 4 W 128/19 -).

2. Auf die Fehlerhaftigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kann sich der Beschwerdeführer aber nicht berufen, wenn ihm diese aus einem vorausgegangenen Verfahren hätte bekannt sein müssen.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 490/19)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 29.4.2019 wird verworfen.

 

Gründe

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den o.a. Beschluss, mit dem sein Ablehnungsgesuch gegen VRinLG Dr. S. und die RinLG K. und E. zurückgewiesen wurde, ist unzulässig. Wie der Senat bereits in den Beschlüssen vom 1.11.2018 und 11.02.2019 ausgeführt hat, unterliegen Ablehnungsbeschwerden anders als die Ablehnungsgesuche beim Landgericht dem Anwaltszwang (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 22.1.2018 - I-1 W 24/17 - Rn. 22., juris). Etwas anderes gilt, wenn das Ablehnungsgesuch im Rahmen eines PKH-Verfahrens angebracht wird (Senat aaO), wie es im Fall des Ablehnungsgesuchs des Beklagten vom 17.8.2018 im Verfahren 8 O 1399/18 der Fall war. Hier greift die Ausnahme des § 569 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, die auch Entscheidungen über Richterablehnungen mitumfasst (HK-ZPO/Koch, 7. Aufl. § 569 Rn. 9; Senat aaO.). Für die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 16.5.2019 im Verfahren 8 O 490/19 gegen die Zurückweisung seines Ablehnungsgesuches vom 5.4.2019 greift diese Ausnahmevorschrift jedoch nicht. Denn bereits mit Beschluss vom 12.11.2018 hatte das Landgericht den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten, der sich auf die Verteidigung gegen beide Kläger im Verfahren 8 O 1399/18 bezog, zurückgewiesen, die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 5.12.2018 zurückgewiesen. Einen erneuten Antrag auf Prozesskostenhilfe hat der Beklagte auch nach Abtrennung des Verfahrens gegen den Kläger zu 2) nicht gestellt. Ablehnungsgesuch und Beschwerde waren im Anschluss hieran auch im Verfahren 8 O 490/19 ausschließlich auf das anhängige Hauptsacheverfahren bezogen.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich, die Verpflichtung des Beklagten, die Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz (Ziff. 1812 Anlage 1 KV GKG). Anders als im Verfahren 4 W 128/19 liegen die Voraussetzungen, unter denen gem. § 21 Abs. 1 S. 3 GKG von der Erhebung dieser Kosten abgesehen werden kann, nicht vor. Zwar ist auch hier die dem Beschluss des Landgerichts vom 29.4.2019 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung unvollständig, weil sie keinen Hinweis auf das Erfordernis enthält, dass die Beschwerde nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden kann. Hierin liegt eine unzutreffende Darstellung der rechtlichen Erfordernisse. Der Senat hat hierzu im Verfahren 4 W 128/19 ausgeführt:

In Verfahren ohne Anwaltszwang ist anerkannt, dass die nach § 232 S. 1 ZPO vorgeschriebene Belehrung auch einen Hinweis auf einen Anwaltszwang für ein Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf umfasst (vgl. BR-Drs. 308/12 S. 19 und Hinweis auf die Gesetzesbegründung zu § 338 Satz 2, BT-Drs. 15/5222, S. 19; Zöller-Greger, ZPO, 32. Aufl. § 232 Rn. 7). In Verfahren vor dem Landgericht, die nach § 78 Abs. 1 ZPO dem Anwaltszwang unterliegen, ist demgegenüber überhaupt keine Belehrung geschuldet, soweit nicht einer der in § 232 S. 2 ZPO aufgeführten Ausnahmefälle vorliegt. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs stellt keinen dieser Ausnahmefälle dar. Wird gleichwohl eine Rechtsbehelfsbelehrung erteilt, muss diese aber einen Hinweis auf den Anwaltszwang enthalten, weil ansonsten auch in Anwaltsprozessen die Gefahr besteht, dass die Partei selbst die Belehrung missversteht und annimmt, selbst zur Beschwerdeeinlegung berechtigt zu sein. Ein solcher Hinweis ist gerade dann geboten, wenn das Ablehnungsgesuch - wie hier - durch einen Beklagten angebracht wird, der noch keinen Rechtsanwalt zu seiner Verteidigung bestellt hat. Eine auf der Grundlage einer solchen Rechtsbehelfsbelehrung erhobene unzulässige Beschwerde beruht in der Regel auf unverschuldeter Unkenntnis der rechtlichen Verhältnisse im Sinne des § 21 GKG. Vorliegend ist von einem fehlenden Verschulden auch deswegen auszugehen, weil das Landgericht selbst in dem Nichtabhilfebeschluss vom 4.2.2019 von der Zulässigkeit der Beschwerde ausgegangen war und daher auf den bestehenden Anwaltszwang nicht hingewiesen hatte.

Diese Rechtslage hat das Landgericht auch bei der Erteilung der Rechtsbehelfsbelehrung zum Beschluss vom 29.4.2019 und im Nichtabhilfebeschluss vom 20.05.2019 nicht beachtet. Von einer unverschuldeten Unkenntnis der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältni...

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