Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des Umgangsrechts der Großeltern nach Trennung der Eltern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung über die Ausübung des Umgangs mit Bezugspersonen (§ 1685 BGB) ist keine Entscheidung des täglichen Lebens i.S.d. § 1687 BGB. Bei gemeinsamer Sorge und fehlender Einigung der Eltern ist eine Entscheidung des FamG notwendig. Ein ohne diese Vorabentscheidung gestellter Antrag der Großeltern auf Umgang mit ihren Enkeln ist zurückzuweisen.

2. In Umgangsrechtsverfahren gilt das Verbot der Schlechterstellung des Beschwerdeführers nicht.

 

Normenkette

BGB §§ 1628, 1632, 1685, 1687

 

Verfahrensgang

AG Pirna (Beschluss vom 09.06.2004; Aktenzeichen 2 F 359/04)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des AG - FamG - Pirna vom 9.6.2004 unter Ziff. 1 aufgehoben.

Der Antrag der Antragsteller vom 26.5.2004 wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller sind die Großeltern väterlicherseits der Kinder K.S., geb. 1996, und M.S., geb. 1999. Die Antragsgegnerin ist die Schwiegertochter der Antragsteller und Mutter der beiden Kinder. Sie und der Vater leben seit April 2002 getrennt. Das Scheidungsverfahren ist beim AG Pirna rechtshängig. Seit der Trennung der Eltern leben die Kinder bei der Mutter. Die Eltern üben die elterliche Sorge gemeinsam aus.

Mit Antrag vom 26.5.2004 begehren die Großeltern ein Umgangsrecht mit ihren Enkeln ab dem Schuljahr 2004/2005 in den jeweils ersten beiden Wochen der Sommerferien sowie der ersten Woche der Herbstferien. Gleichzeitig beantragten sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Gewährung von Umgang in der Absicht, mit den Kindern jeweils eine Ferienreise durchzuführen. Die Mutter weigert sich den Umgang der Antragsteller mit den Kindern zu gewähren. Sie begründet dies damit, dass sie einen Umgang der eigenen Eltern mit ihren Kindern gänzlich ablehne. Obwohl mit den Antragstellern eine ausdrückliche Vereinbarung dergestalt bestand, keinen Umgang mit den Großeltern mütterlicherseits zu gewähren, ermöglichten die Antragsteller ein Treffen mit diesen. Im Übrigen sei es auch in der Vergangenheit zu keinen Auslandsreisen der Antragsteller allein mit den Kindern gekommen.

Der Vater der Kinder bejaht Umgangskontakte der Kinder mit seinen Eltern, auch zur Durchführung von Urlauben.

Das AG - FamG - Pirna hat nach Anhörung der Beteiligten und des Vaters ein Umgangsrecht der Antragsteller an jedem ersten Sonntag eines Monats in der Zeit von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr geregelt. Im Übrigen hat den Antrag der Antragsteller zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Großeltern, welche nunmehr nur noch die Gewährung von Umgang zur Durchführung von Urlauben weiterverfolgen. Sie begründen dies damit, dass die Ferienaufenthalte einer bislang geübten Praxis entsprächen und dem Wohle der Kinder dienten. Im Übrigen seien sie bereit, die Vorgaben des Umgangsverbotes der Antragsgegnerin zu ihren eigenen Eltern zu akzeptieren. Auch sei das gegen den Vater der Antragsgegnerin geführte Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs zwischenzeitlich durch die Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs 2 StPO eingestellt worden.

II. Die Beschwerde ist gem. §§ 621e Abs. 1, Abs. 3, 621a Abs. 1 ZPO statthaft, insb. nach § 621e Abs. 3, 516, 519 Abs. 1, Abs. 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat sie keinen Erfolg. Vielmehr führt sie zur Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung und Zurückweisung des Antrages insgesamt. In Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Regelung des Umgangs nach §§ 1684 f. BGB gilt der Grundsatz der reformatio in peius nicht. Auch im Beschwerdeverfahren ist die Regelung des Umgangs allein an dem Wohl des Kindes ausgerichtet, so dass das Verschlechterungsverbot nicht greift (OLG Celle v. 15.12.2003 - 10 UF 267/03, OLGReport Celle 2005, 59 = FamRZ 2004, 1667; OLG Köln v. 24.8.2001 - 25 UF 214/00, OLGReport Köln 2002, 117 = MDR 2002, 341 = FamRZ 2002, 1053; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 20 Rz. 18; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 621e Rz. 25).

Die Gewährung eines Umgangsrechts der Großeltern richtet sich nach § 1685 BGB und ist nur dann zu bejahen, wenn der Umgang dem Wohl des Kindes dient. Das Maß des Umgangs und die Frage, ob dieser überhaupt gestattet werden soll, obliegt dem alleinigen Bestimmungsrecht des Sorgerechtsinhabers (OLG Bamberg v. 16.7.1999 - 7 UF 106/99, OLGReport Bamberg 2000, 98 = FamRZ 2000, 492; KG FamRZ 2000, 1520). Er entscheidet, mit welchen Personen die Kinder Umgang haben. Sind beide Elternteile Träger der elterlichen Sorge, so hat eine solche Entscheidung einvernehmlich zwischen den Elternteilen zu erfolgen. Denn die Entscheidung über die Ausübung des Umgangs mit Dritten nach § 1685 BGB (Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1687 Rz. 4; MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1687 Rz. 63) ist keine Entscheidung des täglichen Lebens (P...

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