Leitsatz (amtlich)
Ist in den einem Beitragserhöhungsschreiben in der Privaten Krankenversicherung beigefügten Erläuterungen eine Übersicht beigefügt, in der alle Tarife mit den für diese jeweils geltenden Erhöhungsgründen so aufgeführt werden, dass der Versicherungsnehmer den für seinen Tarif maßgeblichen Erhöhungsgrund unschwer selbst ermitteln kann, ist dem gesetzlichen Begründungserfordernis Genüge getan (Festhaltung an Senat, Urteil vom 14.12.2021 - 4 U 1693/21).
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 3029/21) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 31.01.2023 wird aufgehoben.
4. Es ist beabsichtigt, den Streitwert auf 13.353,45 EUR festzusetzen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zurückzahlung der Prämien gemäß § 812 BGB zu.
Die Prämienanpassungen zum 01.01.2019 (Tarif KGH 2), zum 01.01.2018 (Tarif TA 42) und zum 01.01.2016 (Tarif VA 100-2 und KGH 2) sind wirksam und entsprechenden Anforderungen von § 203 Abs. 5 VVG (1). Ansprüche auf Rückzahlung der Beiträge, die bis zum 31.12.2018 fällig geworden sind, sind verjährt (2). Ob die Beitragsanpassungen zum 01.01.2011, 01.01.2012, 01.01.2013, 01.04.2013 und 01.01.2015 wirksam geworden sind, kann dahinstehen, denn die vorgenannten wirksamen Beitragsanpassungen bilden eine geeignete Rechtsgrundlage für den Prämienanspruch in seiner Gesamtheit (3). Weitere Ansprüche bestehen nicht, denn die Forderung aus den Erhöhungen in der privaten Pflegepflichtversicherung im Tarif PVN wurde vor vom Kläger zurückgenommen und Erhöhungen im Tarif ZA 25 sind nicht erfolgt.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteile vom 16.12.2020 - IV ZR 294/19 - und IV ZR 314/19 - juris) erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Der Gesetzeswortlaut sieht die Angabe der "hierfür maßgeblichen Gründe" vor und macht damit deutlich, dass sich diese auf die konkret in Rede stehende Prämienanpassung beziehen müssen; eine allgemeine Mitteilung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergibt, genügt danach nicht (so BGH, Urteil vom 16.12.2020 - IV ZR 294/16 - Rdnr. 26 ff.). Zugleich folgt aus dem Wortlaut "maßgeblich", dass nicht alle Gründe genannt werden müssen, sondern nur die für die Prämienanpassung entscheidenden Umstände. In diesem Sinne entscheidend ist nur, ob eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten die in §§ 155 Abs. 3 und 4 VAG oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelten Schwellenwerte besteht. Dagegen ist die konkrete Höhe der Veränderung dieser Rechnungsgrundlagen daneben nicht mehr entscheidend (so BGH, a.a.O., Rn. 35). Die Überprüfung der Prämie wird ausgelöst, sobald der Schwellenwert überschritten wird; dabei kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang er überschritten wird.
Die Mitteilung erfüllt so den Zweck, dem Versicherungsnehmer zu verdeutlichen, dass weder sein individuelles Verhalten noch eine freie Entscheidung des Versicherers Grund für die Beitragserhöhung war, sondern dass eine bestimmte Veränderung der Umstände dies aufgrund gesetzlicher Regelungen veranlasst hat (so BGH, a.a.O.). Das wird durch die Angabe der Rechnungsgrundlage, die die Prämienanpassung ausgelöst hat, erreicht. Dagegen ist es für diesen Zweck nicht erforderlich, dem Versicherungsnehmer die Rechtsgrundlage des geltenden Schwellenwertes oder die genaue Höhe der Veränderung der Rechtsgrundlage mitzuteilen (so BGH, a.a.O.). Die Mitteilungspflicht hat auch nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen (BGH, a.a.O.).
a) Die Prämienanpassung zum 01.01.2019 ist wirksam.
Dem Anschreiben vom November 2018 war der Nachtrag zum Versicherungsschein beigefügt, aus dem sich eine Änderung im Tarif KGH 2 ergab. Der bisherige und neue Beitrag wurde genannt. Beigefügt war eine Information zur Beitragsanpassung zum 01.01.2019, in der es u. a. wie folgt heißt:
"Im VVG und der ...(KVAV) ist genau geregelt, wann und wie eine Beitragsanpassung erfolgen ...