Leitsatz (amtlich)
Für den Abbruch von Verhandlungen über eine private Invaliditätsversicherung reicht es aus, dass der Versicherer auf der Grundlage des ihm vorliegenden Erkenntnisstandes eine Zahlung ablehnt. Nicht erforderlich ist es hierfür, dass er hierbei auch weitere Verhandlungen mit dem Versicherungsnehmer für die Zukunft kategorisch ausschließt.
Hinweis:
Zurückweisungsbeschluss vom 24. August 2018 nachfolgend.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 255/17) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von 2 Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der auf Dienstag, 31.07.2018, 15.00 Uhr, bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
4. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 21.000,00 EUR festzusetzen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Ob die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit der Klägerin unfallbedingt dauerhaft beeinträchtigt ist und ob es sich bei den von der Klägerin beklagten Folgen um nicht vom Versicherungsschutz umfasste krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen handelt, kann hier dahinstehen. Ein zu ihren Gunsten unterstellter Anspruch auf Invaliditätsleistungen aus dem bei der Beklagten gehaltenen Unfallversicherungsvertrag ist jedenfalls verjährt, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat. Die Berufungsbegründung zeigt keine Gesichtspunkte auf, die eine abweichende Entscheidung oder ergänzende Beweiserhebung gebieten.
1. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist gemäß Ziffer 14 der zwischen den Parteien vereinbarten AOB 2008 (Anlage K 2) § 199 Abs. 1 BGB und damit der 31.12.2008, wovon auch das Landgericht ausgegangen ist und was die Klägerin auch nicht in Zweifel zieht. Allerdings war der Lauf der Verjährung gemäß § 203 BGB wegen laufender Verhandlungen zwischen den Parteien über die Eintrittspflicht der Beklagten gehemmt, weil sich die Beklagte bis in das Jahr 2010 mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 4.2.2010 (K 12) unbeschadet einer von der Klägerin nicht vorgelegten Invaliditätsbescheinigung auf eine Prüfung des Anspruchs eingelassen hatte. Der Verhandlungsbegriff des § 203 ist weit auszulegen und entspricht hierbei im Kern dem des § 852 Abs. 2 BGB a.F. (MüKo, BGB, Bd. 1, 7. Aufl. 2015, Bearb. Grothe, § 203 Rz. 5 m.w.N.). Verhandlungen zwischen den Parteien liegen danach solange vor, bis der Schuldner seine Einstandspflicht eindeutig abgelehnt hat. Solange der Schuldner signalisiert, er werde noch den Sachverhalt aufklären, um seine Einstandspflicht zu prüfen, ohne dass er zugleich eine Einstandsbereitschaft dem Grunde nach signalisiert, kann dies bereits für die Annahme von "Verhandlungen" genügen (vgl. für das alte Recht, BGH, Urteil vom 08.05.2001, VI ZR 208/2000, zit. nach juris). Verhandlungen schweben immer schon dann, wenn der in Anspruch Genommene Erklärungen abgibt, die dem Geschädigten die Annahme gestatten, der Verpflichtete lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn eindeutig ein Ersatz abgelehnt wird (BGH, Urteil vom 10.5.2012, IV ZR 125/10, juris Rz. 63 m.w.N.).
Die zwischen den Parteien schwebenden Verhandlungen hat die Beklagte allerdings mit Schreiben vom 20.12.2011 (Anlage K 13, Anlagenband Klägerin) abgebrochen, nachdem das von ihr eingeholte Gutachten des Dr. U. vom 16.11.2011 (K 14) eine "überwiegend kausale Beziehung des Unfallereignisses" zu den geltend gemachten Schäden nicht ergeben hatte. Unter Bezug auf dieses Gutachten heißt es in dem Schreiben vom 20.12.2012 "Wir können keine Invaliditätsleistung zahlen". Diese Erklärung, verbunden mit dem Hinweis man könne "deshalb nicht anders entscheiden", ist eindeutig und lässt keinen Raum für weitere Verhandlungen. Einer ausdrücklichen Ablehnung, sich im weiteren Verlauf bei ggf. auch geänderter Sachlage auf eine erneute Prüfung einzulassen, bedurfte es nicht. Der Senat verkennt nicht, dass nach einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung eine Ablehnung weiterer Verhandlungen i.S.d. § 203 BGB an ein "doppeltes Nein" geknüpft wird (Palandt-Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 203 Rz. 4; OLG Oldenburg, Urteil vom 23.08.2007, 5 U 31/06, zit. nach juris). Erforderlich soll hiernach nicht nur die eindeutige und endgültige Leistungsablehnung sein, sondern zusätzlich...