Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren: Erforderlichkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung nach neuem Recht

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Geltung des neuen Familienverfahrensrechts im PKH-Prüfungsverfahren nach §§ 120, 124 ZPO, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG, §§ 120 Abs. 4, 124 Ziff. 2 ZPO, § 17 Abs. 2 FamFG.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4, § 124 Ziff. 2; FamFG § 76 Abs. 1; FGG-RG Art. 111 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Döbeln (Beschluss vom 30.11.2009; Aktenzeichen 1 F 325/05 (PKH))

 

Tenor

1. Dem Kläger wird Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Beschwerdefrist gegen die Entscheidung des AG -Familiengericht - Döbeln vom 30.11.2009 gewährt.

2. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Döbeln vom 30.11.2009 aufgehoben und verbleibt es damit beim Beschluss des AG - Familiengericht - Döbeln vom 30.5.2006 über ratenfrei bewilligte Prozesskostenhilfe

 

Gründe

I. Das AG - Familiengericht - Döbeln bewilligte dem Kläger mit Beschluss vom 30.5.2006 ratenfreie Prozesskostenhilfe für dessen Vaterschaftsanfechtungs- und Vater-schaftsfeststellungsklage vom 23.9.2005.

Dieses Verfahren endete durch Rücknahme der Klage vom 18.9.2007 nachdem nach Einholung eines Gutachtens der Kläger nicht als Vater des Kindes festgestellt worden war.

Im Rahmen des Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren forderte das AG - Familiengericht -Döbeln den Kläger mit Verfügung vom 29.9.2009 auf, sich zu wesentlichen Änderungen seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu äußern. Nach Ermittlung seines aktuellen Wohnsitzes wurde das Aufforderungsschreiben an ihn am 15.10.2009 abgefertigt.

Eine Stellungnahme des Klägers ging binnen der gewährten Frist von einem Monat beim Familiengericht nicht ein.

Das AG - Familiengericht hob mit dem im Tenor genannten Beschluss vom 30.11.2009 die dem Kläger bewilligte Prozesskostenhilfe gem. § 124 Ziff. 2 ZPO auf.

Dem Kläger wurde die vorgenannte Entscheidung - ohne Rechtsbehelfsbelehrung - am 23.12.2009 zugestellt. Er teilte mit beim Familiengericht am 29.1.2010 eingegangenem Schriftsatz mit, dass er die Entscheidung erhalten, aber nicht gewusst habe, wie er sich verhalten solle. Erst aktuell habe er Kontakt zu einer Migrationsberatungsstelle aufgenommen und wegen des gerichtlichen Schreibens vorgesprochen. Da er seit langem nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalte, sei er nicht in der Lage, die bewilligte Prozesskostenhilfe zurückzuzahlen und beantragte, den Beschluss vom 30.11.2009 nochmals zu überprüfen und aufzuheben. Er legte einen Bescheid über Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vom 28.1.2010 über monatlich 408,18 EUR vor.

Das AG - Familiengericht - Döbeln half mit Be-schluss vom 16.2.2010 der Beschwerde nicht ab und legte diese dem OLG Dresden zur Entscheidung vor. Das Familiengericht wertete die Angaben des Klägers vom 29.1.2010 als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, über welchen das Beschwerdegericht zu entscheiden habe.

Der Senat gab dem Kläger erneut Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme, von der dieser keinen Gebrauch machte.

II.1. Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 76 Abs. 2 FamFG statthafte Beschwerde gegen die Aufhebungsentscheidung des Familiengerichts ist zulässig.

1.1. Dem Kläger ist wegen der Versäumung der Monatsfrist des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO zur rechtzeitigen Einlegung der Beschwerde gegen die Aufhebung der Prozesskostenhilfe gem. §§ 17 Abs. 1 und 2, 18 Abs. 3 Satz 3 FamFG vom Beschwerdegericht (vgl. OLG Brandenburg, OLG-NL 2005, 208, zitiert nach juris Rz. 2 m.w.N.; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 237 Rz. 1) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

1.2. Die Fristversäumnis ist als unverschuldet zu bewerten, da das vom Familiengericht geführte Verfahren nicht den Anforderungen des seit dem 1.9.2009 geltenden Familienverfahrensgesetzes (FamFG) genügt. Dass die Entscheidung vom 30.11.2009 gem. § 39 FamFG keine Rechtsbehelfsbehelfsbeleh-rung enthielt, ist als ursächlich dafür anzusehen, dass der Kläger die Beschwerde nicht rechtzeitig vor Ablauf der am Montag, den 25.1.2010 endenden Frist beim Familiengericht einlegte.

Auf das PKH-Prüfungsverfahren des Familiengerichts gem. §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO findet als einem selbständigen Verfahren das FamFG Anwendung, weil es nicht mehr vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist (Art. 111 Abs. 1 FGG-RG, §§ 23, 24 FamFG; vgl. Zöller/Feskorn, a.a.O., Einl. FamFG, Rz. 42, 44). Nach der aus der Verfahrensakte ersichtlichen Verfügung ist dieses erst durch die entsprechende Aufforderung an den Kläger am 29.9.2009 eingeleitet worden.

Nach der vom OLG Dresden vertretenen Auffassung zur Art dieses Prüfungsverfahrens, die schon bei der Frage, ob die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO sowie die nachfolgende Aufhebungsentscheidung an die Partei oder den Anwalt zu richten ist, geäußert wurde, handelt es sich um ein selbständiges Verwaltungsverfahren (OLG Dresden, NJ 2008, 315; Beschluss vom 17.11.2009 - 3 W 980/09, zitiert nach juris, Rz. 12; O...

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