Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsvergütung: Vergütungsanspruch des Zeugenbeistands

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Zeugenbeistand hat Anspruch auf eine Vergütung nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG, wobei in der Regel eine Grundgebühr und ggf. eine Terminsgebühr entsteht. Hingegen fällt die Verfahrensgebühr grundsätzlich nicht an.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Beschluss vom 24.08.2006; Aktenzeichen 1 Qs 80/06)

AG Dresden (Beschluss vom 23.05.2006; Aktenzeichen 205 Ls 425 Js 70390/04)

 

Gründe

I.

Rechtsanwalt Z wurde in dieser Strafsache vor dem Amtsgericht Dresden im Hauptverhandlungstermin vom 24. März 2006 dem Zeugen "für die Dauer der Vernehmung" als Zeugenbeistand beigeordnet (§ 68 b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StPO). Unmittelbar anschließend wurde der Zeuge im Beisein seines Beistandes in der Hauptverhandlung vernommen.

Mit Antrag vom 30. März 2006 begehrte Rechtsanwalt Z , für seine Tätigkeit folgende Gebühren und Auslagen festzusetzen:

1. Grundgebühr mit Zuschlag Nr. 4101 VV RVG 162,00 EUR

2. Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem

Amtsgericht mit Zuschlag Nr. 4107 VV RVG 137,00 EUR

3. Terminsgebühr für Hauptverhandlung mit Zuschlag

Nr. 4109 VV RVG 224,00 EUR

4. Post- und Telekommunikationsdienstleistungen

Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

Somit netto 543,00 EUR

zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG

mithin insgesamt 629,88 EUR

II.

Das Amtsgericht Dresden hielt lediglich eine Verfahrensgebühr wegen einer Einzeltätigkeit für angemessen und hat am 02. Mai 2006 eine Vergütung in Höhe von 218,08 EUR festgesetzt. Der dagegen eingelegten Erinnerung hat es mit Beschluss vom 23. Mai 2006 nicht abgeholfen.

Die dagegen eingelegte Beschwerde des Zeugenbeistandes vom 06. Juni 2006 hat das Landgericht Dresden am 24. August 2006 als unbegründet verworfen. Das Verfahren war allerdings vom Einzelrichter wegen grundsätzlicher Bedeutung der Strafkammer übertragen worden. Nachdem das Landgericht am 19. September 2006 der zugelassenen weiteren Beschwerde des Zeugenbeistandes nicht abgeholfen hatte, wurde die Sache am 10. Oktober 2006 dem Oberlandesgericht Dresden vorgelegt.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, die weitere Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Die fristgemäß eingelegte weitere Beschwerde des Zeugenbeistandes ist gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 2 zulässig. Das Landgericht hat das Rechtsmittel wegen grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen, woran Senat gebunden ist:

III.

Das Rechtsmittel hat zum Teil Erfolg.

1. Wie bereits das Landgericht ausführlich dargelegt hat, ist die Frage der Vergütung eines nach § 68 b StPO beigeordneten Zeugenbeistandes in der Rechtsprechung bislang nicht einheitlich entschieden. Für die hier streitgegenständlichen Fragen werden folgende Auffassungen vertreten:

a) Der Zeugenbeistand sei uneingeschränkt wie ein Verteidiger zu vergüten. Ihm stünden - außer im Wiederaufnahmeverfahren - die Grundgebühr (VV RVG Nr. 4100), die Verfahrensgebühr (VV RVG Nr. 4112 bzw. 4118) und die Terminsgebühr (VV RVG. 4114 bzw. 4120) zu (vgl. OLG Köln NStZ 2006, 410; OLG Koblenz, NStZ-RR 2006, 254; KG Berlin, 3. Strafsenat, NStZ-RR 2005, 358; OLG Schleswig NStZ-RR 2007, 126; einschränkend; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. November 2006 v 1 Ws 331/06 - zitiert nach juris).

Nach dem Beschluss des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Brandenburg (vgl. NStZ-RR 2007, 287) ist demgegenüber in jedem Fall konkret zu prüfen, ob die entsprechende Gebühr auch tatsächlich angefallen ist.

b) Der Zeugenbeistand sei zwar entsprechend einem Verteidiger mit einer Grundgebühr und einer Terminsgebühr zu vergüten, jedoch sei die Verfahrensgebühr nicht verdient (KG Berlin, 4. Strafsenat, RVGreport 2006, 107; KG Berlin, 5. Strafsenat, NStZ-RR 2007, 532).

c) Einem Rechtsanwalt, der nach § 68 b StPO einem Zeugen zur Beistandsleistung für die Dauer von dessen Zeugenvernehmung beigeordnet sei, stehe lediglich eine Gebühr wegen einer Einzeltätigkeit nach RVG W Nr. 4301 zu (OLG Oldenburg, JurBüro 2006, 197; 1. Strafsenat, Beschluss vom 17. September 2007 - 1 Ws 173/07 - des OLG Dresden).

Diese Auffassung hat im vorliegenden Fall auch das Landgericht Dresden vertreten.

Der Senat teilt diese Auffassung nicht, sondern schließt sich der unter 1. b) dargestellten Auffassung dem Grunde nach an.

2. Nach Absatz 1 der Vorbemerkung 4 des 4. Teils (Strafverfahren) VV RVG sollen die Vorschriften dieses Teils für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand entsprechend anwendbar sein. Dies ist auch den Gesetzgebungsmaterialien zu entnehmen (BT-Drs. 15/1971 S. 220).

Dort heißt es: "Neu ist, dass der Rechtsanwalt auch im Strafverfahren als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger erhalten soll. ... Damit sollen erstmals auch im Strafverfahren die Gebühren des Rechtsanwalts für seine Tätigkeit als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen gesetzlich geregelt werden."

Diesem Willen des Gesetzgebers würde eine Vergütung (nur) wegen einer Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziffer 4 W RVG wider...

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