Leitsatz (amtlich)
1. Eine offensichtliche und auf den ersten Blick klar erkennbare Rechtsverletzung, die einen Suchmaschinenbetreiber als mittelbaren Störer zur Unterlassung einer Äußerung verpflichtet, liegt dann nicht vor, wenn der Verletzte als "Erpresser" bezeichnet wird, aber zugleich ein Bezug zu einer sachlichen Auseinandersetzung vorliegt. Andres ist dies aber bei einer Bezeichnung als "Kinderschänder", die unabhängig von den Umständen des Einzelfalls eine Formalbeleidigung darstellt.
2. Die Geltendmachung von Löschungsansprüchen gegen einen Suchmaschinenbetreiber fällt in den Anwendungsbericht der Datenschutzgrundverordnung. Ob die in der Ergebnisliste dokumentierte Datenverarbeitung erforderlich ist, ist anhand einer umfassenden Abwägung im Einzelfall zu bestimmen.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 2605/18) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 22.11.2018 - 8 O 2605/18 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller betreibt die Blogseite "www.XYX.de", in der er unter anderem zu bestimmten Unternehmen und Kapitalanlagemöglichkeiten Kommentare abgibt. Die Antragsgegnerin ist Betreiberin der Suchmaschine "www.XXX.de". Auf der Internetseite "www.XYX-aktuell.com" sind Beiträge aufgeführt, die sich unter anderem mit der Person des Antragstellers, seiner Tätigkeit und seinem Internetblog auseinandersetzen. Der Antragsteller wird namentlich benannt und unter anderem Folgendes über ihn erklärt:
Eines muss man den beiden Herren schon lassen, in Sachen Betrug, Erpressung, Nötigung, Beleidigung und Rufmord kennen sie sich bestens aus ....
..............!!! DIE NEUE BETRUGSFIRMA DES xxx xxx UND xxx xxx....
Seit einiger Zeit wütet unter den Abzockern, Erpressern und vermeintlichen Verbraucherschützern ein Kampf .... Das Geschäftsmodell ist so widerlich wie einfach. Portale wie der xxx-Report und von dem in Deutschland per Haftbefehl gesuchten xxx xxx und die Bewertung von dem Leipziger xxx xxx verdienen ihre Brötchen mit der Erpressung von Unternehmen.
Die Vorgehensweise ist immer wieder die gleiche. xxx xxx und xxx xxx suchen sich Unternehmen, die entweder gar nichts Böses im Schilde führen oder Unternehmen, die auch unverschuldet in Schieflage geraten sind und drohen ihnen, sie medial zu vernichten, wenn sie nicht auf deren finanzielle Forderungen eingehen....
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die Antragsgegnerin zu verurteilen, es zu unterlassen, bestimmte URLF bei den Suchergebnissen der Suchmaschine in Deutschland, bei der Suche nach Vor- und Zuname des Antragstellers isoliert oder auch in Verbindung mit anderen Angaben die Seite "www.XYX-aktuell.com/Erster-Beitrag" anzuzeigen. Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 26.10.2018 zur Unterlassung aufgefordert. Die Antragsgegnerin hat dies mit Schreiben vom 15.11.2018 abgelehnt.
Das Landgericht Leipzig hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 22.11.2018 - zugestellt am 30.11.2018 - zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 12.12.2018 eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers, der das Landgericht mit Beschluss vom 13.12.2018 nicht abgeholfen hat.
Der Antragsteller meint, er sei weder ein Straftäter, Erpresser, Kinderschänder oder Krimineller. Bei diesen Äußerungen handele es sich entweder um unwahre Tatsachenbehauptungen oder um eine Schmähkritik, die er nicht hinnehmen müsse. Da es sich hier um eine üble Nachrede handele, finde eine Beweislastumkehr statt und die Antragsgegnerin müsse die Richtigkeit der aufgestellten Behauptungen beweisen.
II. Die gemäß §§ 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
A. 1. Zutreffend hat das Landgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die gegen die in xxx ansässige Antragsgegnerin gemäß §§ 937, 32 ZPO bejaht. Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen international zuständig, wenn ein über die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte hinausgehender Inlandsbezug vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 24.07.2018 - VI ZR 330/17 - juris). Entscheidend ist, ob die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse der Beklagten an der Gestaltung ihres Internetauftrittes und an einer Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falles, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann (BGH, a.a.O.). Ein solcher Inlandsbezug liegt hier vor. Der in Deutschland wohnende Antragsteller wendet sich mit se...