Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstflucht
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 09.05.2000; Aktenzeichen 8 Ns 108 Js 15827/99) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 9. Mai 2000 wird als unbegründet
weil die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Einer Auseinandersetzung mit der von dem Oberlandesgericht Koblenz (NStZ-RR 1997, 149) vertretenen Ansicht, die (hier nicht festgestellte) Ablehnung des Angeklagten, ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 15 a ZDG eingehen zu wollen, stelle ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 53 Abs. 1 ZDG dar, bedurfte es vorliegend bereits deshalb nicht, weil nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts Leipzig im hier zu entscheidenden Fall keine Gewissensgründe für die Ablehnung des Zivildienstes maßgeblich waren.
Aus diesem Grund steht nach Ansicht des Senats der erneuten Verurteilung des Angeklagten wegen Dienstflucht auch nicht das Verfahrenshindernis des Verbots der Doppelbestrafung nach Art. 103 Abs. 3 GG entgegen. Denn nach den vom Landgericht Leipzig rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen beruht die Haltung des Angeklagten, auch die Ableistung des Zivildienstes zu verweigern, nicht auf einer an den Kategorien von „Gut” und „Böse” zu orientierenden ernsthaften Entscheidung des Gewissens (BVerfGE 23, 191, 203). Diese setzt nämlich voraus, dass die karitative oder soziale Tätigkeit auf Grund verbindlicher Anordnung im Rahmen des Zivildienstes als solche den Betroffenen aus religiösen oder aus anderen Gründen in einen schweren inneren Konflikt führt, in dem er sich aus innerer Notwendigkeit für die Verweigerung des Zivildienstes entscheidet, um nicht seine sittliche Persönlichkeit zu schädigen oder zu zerstören (BVerfG – Vorprüfungsausschuss –, NJW 1984, 1675 m.w.N.; BayObLG, StV 1983, 369, 370; OLG Düsseldorf, NJW 1985, 2429, 2430).
Dem gegenüber beruht die Haltung des Angeklagten allein auf Einwendungen gegen die Institution des Zivildienstes, dessen angeblicher militärischer Funktion und seiner Wirkung auf den Arbeitsmarkt, die einer Gewissensentscheidung nicht gleichgesetzt werden kann (so auch BayObLG, a.a.O.; OLG Karlsruhe, NStZ 1990, 41, 43; LG Darmstadt, NJW 1993, 77, 78; BGH, JZ 1971, 190, 191 zur Frage des Verbots der Doppelbestrafung wegen Befehlsverweigerungen eines bereits wegen Fahnenfluchts Verurteilten).
Unterschriften
Lips Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht, Dratwinski Richter am Oberlandesgericht, Lückhoff-Sehmsdorf Richterin am Amtsgericht
Fundstellen