Leitsatz (amtlich)
1. Der Versicherungsnehmer hat im Schadensfall seiner Kaskoversicherung Angaben zu reparierten Vorschäden und zur Höhe des Kaufpreises zu machen, wenn der Versicherer hiernach fragt.
2. Ein Versicherungsnehmer, der den Kaufpreis nicht aus den ihm vorliegenden Unterlagen entnimmt, sondern gleichsam ins Blaue hinein einen unzutreffend niedrigen Kaufpreis angibt, handelt regelmäßig arglistig.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 1170/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 11.8.2017 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Leistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Kaskoversicherung wegen eines nach seiner Behauptung am 8.7.2016 eingetretenen Brandschadens. Das Fahrzeug VW Golf VI Match hatte er mit Kaufvertrag vom 30.7.2014 für 12.500,- EUR erworben, ausweislich des Kaufvertrags handelte es sich um ein repariertes Unfallfahrzeug. In der Schadensanzeige gegenüber der Beklagten vom 19.7.2016 verneinte der Kläger die Frage 25 ("Hatte ihr Fahrzeug zum Zeitpunkt des Schadens reparierte/unreparierte Vorschäden?"), den Kaufpreis gab er mit 14.500,- EUR an. Mit Schreiben vom 19.8.2016 lehnte die Beklagte ihre Eintrittspflicht wegen des verschwiegenen Vorschadens und der Falschangabe zum Kaufpreis und der darin liegenden arglistigen Verletzung von Auskunfts-und Aufklärungsobliegenheiten ab. Seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe hat das Landgericht abgelehnt. Auch wenn falsche Angaben noch nicht zwingend den Schluss auf ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers erlaubten, so sei hier zu Lasten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass er die Frage nach Vorschäden vollständig verneint, zusätzlich einen überhöhten Kaufpreis angegeben und auch den Kaufvertrag nicht beigefügt habe. Angesichts dieses Verhaltens sei davon auszugehen, dass er zumindest Schwierigkeiten bei der Regulierung habe vermeiden wollen. Plausibel erklärt habe er sein Verhalten nicht, seine Behauptung, bei der Schadensmeldung "unter Schock" gestanden zu haben, sei unbehelflich. Mit seiner Beschwerde behauptet der Antragsteller, die Falschangabe des Kaufpreises habe darauf beruht, dass er im Zeitpunkt der Schadensmeldung nicht auf seine Unterlagen habe zurückgreifen können, so dass er den Zeitwert eines Vergleichsfahrzeugs im Internet recherchiert habe. Er habe zudem nicht erkennen können, dass sich die Frage nach reparierten Vorschäden auch auf für ihn nicht mehr erkennbare Mängel bezogen habe. Der Händler habe ihm erklärt, ein Schaden am Kotflügel sei vollständig repariert worden. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die zulässige, insbesondere fristgemäß erhobene Beschwerde ist unbegründet. Die beabsichtigte Klage auf Zahlung von Versicherungsleistungen aus der bei der Beklagten gehaltenen Kaskoversicherung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. Die Beklagte ist wegen einer vorsätzlichen und arglistigen Verletzung von Auskunftspflichten nach Schadenseintritt gem. §§ 28 Abs. 2, 4 VVG leistungsfrei.
1. Nach E.1.3 der dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag zugrunde liegenden AKB 2014 ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Auf Fragen zu den Umständen des Schadensereignisses ist wahrheitsgemäß und vollständig zu antworten. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich in erster Linie nach den von den Versicherern gestellten Fragen der Schadensanzeigeformulare. Bereits die Nichtbeantwortung/Falschbeantwortung einer Frage ist eine Verletzung der Aufklärungspflicht. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf jeden Umstand, der zur Aufklärung des Tatbestands dienlich sein kann, soweit dem Versicherungsnehmer nichts Unbilliges zugemutet wird (BGH NJW 2015, 949, 950). Dazu gehören vor allem auch Umstände, die lediglich Anhaltspunkte für oder gegen das Vorliegen eines Versicherungsfalls liefern können. Der Versicherungsnehmer hat daher auf entsprechendes Verfangen auch solche Tatsachen wahrheitsgemäß und vollständig zu offenbaren, deren Angabe eigenen Interessen widerstreitet, weil sie dem Versicherer erst ermöglicht, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen (vgl. BGH, Urteil vom 16.11.2005 - Aktenzeichen IV ZR 307/04- juris Rn. 13, 14; Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2012, § 31 Rn. 7). Bei der hier streitgegenständlichen Frage nach reparierten Vorschäden handelt es sich ebenso wie bei der Frage nach dem Kaufpreis um Fragen, die dem Versicherer helfen sollen, die Höhe der nach Beschädigung zu zahlenden Reparaturkosten zu ermitteln, die im Wiederbeschaffungswert ihre Grenze findet (A 2.6.2 AKB 2014). Derartige Frage sind ohne weiteres zulässig. Dass ihm bekannt war, dass das Fahrzeug von ihm mit einem reparierten Vorschaden erworben wurde, was grundsätzlich vom Versicherer zu beweisen ist (BGH BeckRS 2008, 01658), lässt der Antragsteller gegen sich gelten. Sofern jedoch eine Kenntnis des Versicherung...