Entscheidungsstichwort (Thema)
Franchisevertrag mit deutschem Franchisenehmer: Wirksamkeit einer Schiedsklausel mit Bestimmung eines Schiedsgerichts in New York
Leitsatz (amtlich)
Die Schiedsklausel in einem Franchisevertrag benachteiligt den deutschen Franchisenehmer gröblich i.S.d. als anwendbar vereinbarten § 879 Abs. 3 ABGB AUT, wenn der Franchisenehmer, der in einer deutschen Stadt Sandwiches und Salate verkauft, zur Lösung seiner Konflikte mit der in den Niederlanden ansässigen Franchisegeberin zum Sitz der amerikanischen Muttergesellschaft in New York reisen muss (Rz. 4)(Rz. 14)(Rz. 17)(Rz. 18).
Normenkette
ZPO § 1061; ABGB AUT § 879 Abs. 3
Tenor
1. Der Antrag, den Schiedsspruch des American Dispute Resolution Center vom 2.4.2007 für vollstreckbar zu erklären, wird zurückgewiesen.
2. Der Schiedsspruch ist im Inland nicht anzuerkennen.
3. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
4. Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Die Antragstellerin kann die Vollstreckung der Kostenentscheidung durch Sicherheitsleistung von 120 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages zunächst abwenden; der Antragsgegner darf weiter vollstrecken, wenn er seinerseits Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Der Gegenstandswert ist 62.697,62 EUR.
Gründe
Die Antragstellerin ist eine niederländische Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die in Europa als Franchisegeberin für gastronomische Betriebe auftritt, welche Sandwiches und Salate unter dem Markennamen "S." vertreibt.
Der Antragsgegner ist Franchisenehmer für eine solche gastronomische S.-Einrichtung in M ... Die Parteien haben den Franchisevertrag am 31.5.2005 geschlossen (Anlage 1 zum Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 3.10.2007).
Unter Ziff. 10c des Vertrages haben die Parteien eine Schiedsklausel vereinbart. In der deutschen Übersetzung (der verbindliche Vertragstext ist der englische) heißt es dort:
"... Alle Streitfälle, die dieser Vertrag vorsieht, werden unmittelbar einem Schiedsgericht vorgelegt ... Die Schiedsgerichtsbarkeit findet entsprechend der Schiedsgerichtsordnung der UN-Kommission für internationales Handelsrecht (UNCITRAL-Schiedsgerichtsordnung) statt, ausgeübt durch das International Centre for Dispute Resolution, einem Mitglied der American Arbitration Association, bei einer in New York, USA abzuhaltenden mündlichen Verhandlung. Das Schiedsverfahren findet in englischer Sprache statt und wird von einem Einzelschiedsrichter entschieden ..."
Im englischen Text ist nicht, wie die deutsche Übersetzung nahe legt, das International Centre for Dispute Resolution dasjenige Schiedsgericht, was ausschließlich Streitigkeiten aus dem Vertrag zu entscheiden hat, das International Centre for Dispute Resolution ist nur als Beispiel für ein mögliches Schiedsgericht genannt ("... such as the International Centre for Dispute Resolution ...").
Der Ort des Schiedsgerichtsverfahrens ist mit New York verbindlich festgelegt, auch im englischen Text.
Der Antragsgegner hatte mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, weil in der unmittelbaren Umgebung seines S.-Restaurants eine umfangreiche Straßenbaustelle den Kundenverkehr behinderte. Er meinte, die Antragstellerin müsse auf diese Situation Rücksicht nehmen und zahlte eine zeitlang die geschuldeten Franchisegebühren nicht. Die Antragstellerin versuchte vergeblich, den Konflikt im Gesprächsverfahren zu lösen und rief danach als Schiedsgericht das American Dispute Resolution Centre, Inc. in Glastonbury an. Der Einzelschiedsrichter J. R. G. erließ am 2.4.2007 den Schiedsspruch, dessen Vollstreckbarerklärung die Antragstellerin begehrt. Der Schiedsspruch findet sich in der Anlage zur Antragsschrift vom 18.7.2007.
Der Antragsgegner beantragt, den Schiedsspruch nicht für vollstreckbar zu erklären, sondern im Gegenteil festzustellen, dass er in Deutschland nicht anerkannt werden könne.
Der Antragsgegner meint, der ganze Vertrag und die Schiedsklausel im Besonderen benachteilige ihn unangemessen. Die wesentlichen Bestimmungen des Vertrages, der unstreitig ein vorformulierter und in einer Vielzahl von Fällen verwendeter Text der Antragstellerin ist, sei als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam. Der Schiedsspruch könne auch deswegen nicht anerkannt werden, weil er in wesentlichen Punkten gegen den deutschen ordre public verstoße. Die Einzelheiten finden sich im Schriftsatz des Antragsgegners vom 31.8.2007.
Die Antragstellerin verteidigt den Vertragstext: Die Antragstellerin habe den Vertrag unter die Herrschaft des Liechtensteinischen Rechts gestellt, weil die amerikanische Muttergesellschaft aus steuerlichen Gründen die Zentrale außeramerikanische Niederlassung in Liechtenstein angesiedelt habe. Deswegen sei die Vereinbarung des Liechtensteinischen Rechts für sie besonders praktisch gewesen. Die Europäische Franchisegeberin sei in den Niederlanden gegründet worden, weil das wiederum unter steuerlichen Gesichtspunkten am günstigsten gewesen sei. New York sei als Ort der Schie...