Leitsatz (amtlich)

1. Ist nach den maßgelblichen Versicherungsbedingungen in der Kaskoversicherung ein Versicherungsfall innerhalb einer Woche anzuzeigen, hat der Versicherungsnehmer innerhalb dieser Frist zugleich die wesentlichen, den Versicherungsfall begründenden Tatsachen mitzuteilen. Hierzu gehören Angaben zu Ort und Zeit des Versicherungsfalls und die Bezugnahme auf einen bestimmten Versicherungsvertrag.

2. Die Beweislast für die Behauptung, dass sich eine verspätete oder unzureichende Anzeige des Versicherungsfalls nicht ausgewirkt hat, trägt der Versicherungsnehmer. Der Versicherer hat aber im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast vorzutragen, was er bei rechtzeitiger Meldung getan hätte. Die pauschale Behauptung des Verlusts eigener Erkenntnismöglichkeiten genügt hierfür nicht.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 2768/17)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Beklagte hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Verhandlungstermin vom 22.12.2020 wird aufgehoben.

4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 17.672,00 EUR festzusetzen.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Beklagten bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

1. Das Landgericht hat ohne Fehler in der Beweiswürdigung gemäß § 529 ZPO angenommen, dass der Kläger den Beweis für das äußere Bild eines versicherten Diebstahls geführt hat und der Beklagten der ihr obliegende Gegenbeweis eines nur vorgetäuschten Diebstahls nicht gelungen ist. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf die Beweiswürdigung im Urteil des Landgerichts Bezug. Die Berufungsbegründung setzt dem nichts entgegen, was eine erneute Beweiserhebung geböte. Insbesondere zeigt die Beklagte keine Umstände auf, die gegen die Redlichkeit des Klägers sprechen, der sowohl das Abstellen des Fahrzeugs als auch dessen Entwendung beobachtet und übereinstimmend mit seiner Aussage im Ermittlungsverfahren geschildert hat. Weil in der Lebenswirklichkeit der redliche und nicht der unredliche Versicherungsnehmer der Regelfall ist, gilt dabei zugunsten des Versicherungsnehmers eine Glaubwürdigkeitsvermutung, die nur entfällt, wenn aufgrund unstreitig feststehender oder bewiesener Tatsachen, die Unglaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers feststeht oder aber schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit und der behaupteten Entwendung gegeben sind (allg. Auffassung, vgl. nur KG Berlin, Beschluss vom 22. Juli 2011 - 6 U 24/11 -, juris). Seine krankheitsbedingte Einschränkung infolge eines Schlaganfalls unmittelbar vor dem behaupteten Diebstahl deckt sich mit den Angaben im Ermittlungsverfahren, ist durch die Anlage K 9 hinreichend substantiiert und wird von der Beklagten lediglich ins Blaue hinein bestritten. Die bis in das Jahr 2016 verzögerte Rücksendung der Schadensmeldung (K3) ist ebenfalls nicht geeignet, allgemeine Zweifel an der Redlichkeit des Klägers zu erwecken, dessen Aussage das Landgericht folglich zugrunde legen durfte.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch nicht insofern fehlerhaft, als es die ehemalige Lebensgefährtin des Klägers als Zeugin vernommen und das Beweisergebnis auch auf deren Aussage gestützt hat. Diese hat zwar das letzte Abstellen des Fahrzeugs in den Morgenstunden des 22.9.2014 nicht selbst gesehen und auch den Diebstahl nicht beobachtet, sondern konnte nur berichten, dass sie vom Kläger unmittelbar nach dem behaupteten Ereignis geweckt und über den Tatablauf informiert wurde. Sie ist daher lediglich Zeugin vom Hörensagen. In Ergänzung zur Aussage des Klägers selbst ist ihre Aussage jedoch als Indiz geeignet, zur Überzeugung des Tatrichters im Sinne des § 286 ZPO beizutragen.

2. Die Berufung der Beklagten auf eine Obliegenheitsverletzung schließt die Leistungspflicht ebenfalls nicht aus.

a) Dem Kläger fällt allerdings ein Verstoß gegen die Anzeigeobliegenheit (Ziff. E. 1.1.1 AKB) zur Last. Nach den von den Parteien zwar nicht vorgelegten, zwischen ihnen aber unstreitig vereinbarten AKB ist der Versicherungsfall innerhalb einer Woche anzuzeigen. Die vom Versicherungsnehmer zu erstattende Anzeige muss die Tatsachen umfassen, deren Kenntnis es dem Versicherer ermöglicht, in die Prüfung seiner Leistungspflicht einzutreten und ggf. notwendige Maßnahmen der Schadenabwendung und -minderung zu ergreifen. Erforderlich ist damit die Mitteilung der wesentlichen Umstände, aus denen sich der...

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