Leitsatz (amtlich)
Bittet der Insolvenzverwalter oder in der Verbraucherinsolvenz der Treuhänder um Löschung des beim Schuldnergrundstück eingetragenen Insolvenzvermerks, weil er das Grundstück aus der Masse freigegeben habe, liegt hierin regelmäßig ein Berichtigungsantrag i.S.v. § 22 Abs. 1 GBO, den er durch einfache Erklärung ohne notariellen Beglaubigungsvermerk wirksam zurücknehmen kann.
Normenkette
GBO § 22 Abs. 1, § 31 S. 2
Verfahrensgang
AG Dresden (Aktenzeichen LU-5963-11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Dresden (Grundbuchamt) vom 11.2.2011 aufgehoben.
Gründe
I. Die Beteiligte ist Treuhänderin im Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des im eingangs bezeichneten Wohnungsgrundbuch eingetragenen Eigentümers. Das Insolvenzverfahren wurde am 7.5.2010 eröffnet, der entsprechende Vermerk am 23.6.2010 in das Grundbuch eingetragen. Die Grundschuldgläubigerin erwirkte im September 2010 Anordnungsbeschlüsse zu Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung; die beiden Anordnungen wurden am 29.9.2010 im Grundbuch vermerkt.
Unter dem 10.11.2010 teilte die Beteiligte dem Grundbuchamt mit, dass sie das Wohnungseigentum mit Schreiben vom selben Tag aus der Insolvenzmasse freigegeben habe, und bat um Löschung des Insolvenzvermerks. Das Grundbuchamt forderte mit Zwischenverfügung vom 18.11.2010 zum Nachweis der Verfügungsbefugnis die Vorlage der Bestallungsurkunde und zur Löschung des Insolvenzvermerks aufgrund Freigabe aus der Insolvenzmasse die Vorlage einer Löschungsbewilligung gem. § 19 GBO in der Form des § 29 GBO. Nach Übersendung der Bestallungsurkunde teilte die Beteiligte, mit Schreiben des Grundbuchamtes vom 12.1.2011 an die Erledigung des zweiten Punktes der Zwischenverfügung erinnert, unter dem 5.2.2011 mit, dass eine Löschungsbewilligung aufgrund Masseunzulänglichkeit nicht eingereicht werden könne, aber auch gar nicht erforderlich sei, da - was objektiv nicht richtig ist - sowohl die Freigabeerklärung als auch der Nachweis über den Zugang dieser Erklärung vorgelegt worden seien und damit ein Unrichtigkeitsnachweis vorliege. Sofern nach Ansicht des Grundbuchamtes allerdings weiterhin eine Löschungsbewilligung in Form des § 29 GBO vonnöten sei, nehme sie ihren Antrag ausdrücklich zurück.
Mit Zwischenverfügung vom 11.2.2011 hat das Grundbuchamt als Hindernis "der beantragten Eintragung" bezeichnet, dass die Antragsrücknahme gem. § 31 GBO ihrerseits der Form des § 29 GBO bedürfe; ferner hat es der Beteiligten einige weiterführende Hinweise erteilt. Gegen diese Zwischenverfügung hat die Beteiligte am 28.2.2011 Beschwerde eingelegt. Sie nehme, wie mehrfach ausgeführt, ihren Antrag vom 10.11.2010 auf "Berichtigung des offensichtlich unrichtigen Grundbuchs zurück"; gem. § 31 S. 2 GBO genüge die formlose Rücknahme. Das Grundbuchamt hat dem Rechtsmittel am Folgetag mit ergänzender Begründung nicht abgeholfen.
II. Die gem. §§ 71 ff. GBO zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die Zwischenverfügung ist zu Unrecht ergangen, weil das Eintragungs- ein Berichtigungsverfahren darstellt und aufgrund wirksamer Antragsrücknahme beendet ist.
1. Müsste das Schreiben der Beteiligten vom 10.11.2010, wovon das Grundbuchamt ausgeht, als "gewöhnlicher" Eintragungsantrag i.S.v. §§ 13 ff. GBO angesehen werden, wäre dem Grundbuchamt in all seinen sorgfältigen Ausführungen uneingeschränkt beizutreten.
2. Der Ausgangspunkt des Grundbuchamtes trifft indes nicht zu. Bei sach- und interessengerechter Auslegung ist die Bitte der Beteiligten um Löschung des Insolvenzvermerks im Schreiben vom 10.11.2010 allein als Antrag auf berichtigende Löschung des Insolvenzvermerks gem. § 22 Abs. 1 GBO zu verstehen.
a) Eine in Gestalt des Insolvenzvermerks eingetragene Verfügungsbeschränkung des Grundstücks- bzw. Wohnungseigentümers gerät nach materiellem Recht in Wegfall, wenn der Insolvenzverwalter oder im Verbraucherinsolvenzverfahren der Treuhänder das Grundstück/Wohnungseigentum aus der Insolvenzmasse frei gibt. Einer besonderen Form bedarf die Freigabeerklärung nicht, sie muss dem Insolvenzschuldner lediglich zugehen.
b) Wendet sich der Insolvenzverwalter oder Treuhänder, nachdem er die Immobilie durch Freigabe aus dem Insolvenzbeschlag gelöst hat, an das Grundbuchamt mit der Bitte um Löschung des noch eingetragenen, materiell-rechtlich aber unrichtig gewordenen Insolvenzvermerks, wird er vielfach, wenn nicht gar im Regelfall die Vorstellung haben, der Vermerk könne ohne weiteres wegen Unrichtigkeit gelöscht werden. Denn er selbst ist als gesetzlicher und verfügungbefugter Verwalter der Masse gerade derjenige, zu dessen Gunsten der Insolvenzvermerk einst gebucht worden ist. Zudem spricht § 22 Abs. 1 S. 2 GBO ausdrücklich den Fall der Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung als Regelbeispiel einer möglichen Grundbuchberichtigung an. Dass es grundbuchrechtlich einen in puncto Form erhöhten Unrichtigkeitsnachweis gem. §§ 22 Abs. 1 S. 1, 29 Abs. 1 GBO braucht und die Freigabe aus der Masse deshalb regelmäß...