Leitsatz (amtlich)
1. Überträgt der Versicherungsnehmer einem Dritten die Vertragsverwaltung, muss er sich dessen Verhalten nur in Vertragsangelegenheiten und nur für Obliegenheitsverletzungen zurechnen lassen, die vor Eintritt des Versicherungsfalls liegen. Die Zurechnung eines Verhaltens des Vertragsverwalters, das zum Eintritt des Versicherungsfalls führt, kommt nur i Betracht, wenn diesem auch die Gefahrverwaltung übertragen war.
2. Wird das von einem Gebäudeversicherungsvertrag abgedeckte Grundstück auch nur zeitweise zur Lagerung von Drogen oder für Treffen mit Personen benutzt, die als Drogenkuriere fungierten, liegt eine Gefahrerhöhung vor.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 13/19) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 06.12.2019 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 194.674,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Leistungen aus einer Gebäudeversicherung aufgrund eines Brandereignisses vom 18.07.2015.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und der erstinstanzlichen Antragstellung wird auf das Urteil des Landgerichts Dresden vom 06.12.2019 Bezug genommen.
Das Landgericht Dresden hat mit Urteil vom 06.12.2019 die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei wegen Gefahrerhöhung gemäß §§ 26 Abs. 1 Satz 1, 23 Abs. 1 VVG leistungsfrei geworden. Der Sohn der Klägerin, der ihr Repräsentant sei, habe - anders als der Voreigentümer zum Zeitpunkt seiner Vertragserklärung - ohne Einwilligung der Beklagten das streitgegenständliche Grundstück zur Abwicklung von Drogengeschäften genutzt. So ergebe sich aus der beigezogenen Ermittlungsakte, dass der Sohn der Klägerin K... S... aufgefordert habe, Drogen in ein blaues Plastikfass zu verpacken und im hohen Gras auf dem Grundstück zu verstecken. Zudem habe der Sohn der Klägerin im Bereich der Theke der auf dem Grundstück befindlichen Gaststätte "H..." einen Schlüssel zu dem auf dem Nachbargrundstück befindlichen Gebäude, in welchem durch ihn Drogen gelagert worden seien, versteckt. Dies sei unstreitig, nachdem die Klägerin den entsprechenden Vortrag der Beklagten nicht bestritten habe. Ob die Klägerin von den Drogengeschäften ihres Sohnes gewusst habe, sei aufgrund seiner Repräsentanteneigenschaft unerheblich. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit der von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufung verfolgt diese ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Sie beanstandet, das Landgericht führe im Hinblick auf die angenommene Repräsentanteneigenschaft ihres Sohnes keine belastbaren Tatsachen an und bezeichne ihre entgegenstehende Darstellung pauschal als Schutzbehauptung, ohne sich dezidiert mit ihrem Vorbringen auseinanderzusetzen und den Beweisangeboten nachzugehen. Dies gelte sowohl für ihre Darstellung, dass sie an den Besichtigungen bzw. Besprechungen bezüglich des Erwerbs des streitgegenständlichen Grundstücks teilgenommen, der Erwerb der Altersvorsorge gedient und sie den Kauf selbst finanziert habe als auch für den Umstand, dass sie aus gesundheitlichen Gründen teilweise Aktivitäten in diesem Zusammenhang auf ihren Sohn übertragen habe. Bei der Behauptung der Beklagten, das Grundstück sei mit den Geldern aus den Drogengeschäften ihres Sohnes finanziert worden, handele es sich um Spekulation. Anders als vom Landgericht angenommen, habe ihr Sohn keine Drogengeschäfte auf dem streitgegenständlichen Grundstück abgewickelt. Er habe K... S... auch nicht aufgefordert, die Drogen auf dem streitgegenständlichen Grundstück zu verbergen, sondern diesen nur beauftragt, die Drogen zu verstecken. Unabhängig davon habe ihrem Sohn aber auch das Bewusstsein dafür gefehlt, dass die Abwicklung von Drogengeschäften bzw. die Lagerung von Drogen auf dem streitgegenständlichen Grundstück einen gefahrerhöhenden Umstand darstelle.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 06.12.2019 verkündeten Urteils des Landgerichts Dresden die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 194.674,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie ist der Auffassung, dass der Vortrag der Klägerin zur Herkunft des Geldes, mit dem sie nach ihrer Darstellung den Kaufpreis bezahlt habe, unsubstantiiert geblieben sei. Angesichts der deutlichen Hinwe...