Leitsatz (amtlich)
Für den ausschließlich als Adhäsionsklägervertreter tätigen Rechtsanwalt entsteht die Gebühr nach Nr. 4143 VVRVG, die nach der Vorbemerkung 4.3 Abs. 2 für den Rechtsanwalt gilt, der in Einzeltätigkeit beauftragt ist. Daneben entsteht im Falle eines Vergleichs die Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 ff. VVRVG, die nach der Vorbemerkung 1 auch neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren gelten. Es entstehen jedoch keine Verteidigergebühren nach Teil 4 Abschnitt 1 VVRVG.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Entscheidung vom 24.06.2015; Aktenzeichen 1 KLs 800 Js 38752/12) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten und Adhäsionsbeklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Chemnitz vom 24. Juni 2015 aufgehoben.
2. Die von dem Angeklagten und Adhäsionsbeklagten an den Adhäsionskläger zu erstattenden Kosten werden auf 1.674,97 EUR (in Worten: eintausendsechshundertvierundsiebzig 97/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) seit dem 28. Mai 2014 festgesetzt.
3. Die notwendigen Auslagen des Adhäsionsbeklagten im Beschwerdeverfahren hat der Adhäsionskläger zu tragen.
4. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.445,45 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1.
In der Hauptverhandlung vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Chemnitz am 19. Mai 2014 schlossen der Adhäsionskläger und der Adhäsionsbeklagte/Angeklagte im Rahmen der Beweisaufnahme noch vor der Urteilsverkündung einen Vergleich, nach dem der Adhäsionsbeklagte an den Adhäsionskläger unter Nachlassung von Ratenzahlung einen Betrag in Höhe von 4.000 EUR zahlt sowie aus einem Streitwert von 4.000 EUR die außergerichtlichen Kosten des Adhäsionsklägers und die Kosten des Vergleichs trägt. Der Adhäsionsklägervertreter hatte insgesamt an sieben Verhandlungstagen teilgenommen wobei an einem dieser Tage für ihn eine in derselben Kanzlei tätige Rechtsanwältin aufgetreten ist.
2.
Mit Schreiben vom 26. Mai 2014, das am 28. Mai 2014 bei dem Landgericht Chemnitz eingegangen ist, beantragte der Adhäsionskläger, Gebühren und Auslagen in Höhe von 4.120,42 EUR gegen den Adhäsionsbeklagten festzusetzen. Er machte dabei für die Tätigkeit seines Rechtsanwaltes eine Grundgebühr für Verteidiger nach Nr. 4100 VV RVG, die Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV RVG, Terminsgebühren für sieben Verhandlungstage nach Nr. 4114 VV RVG, die Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV RVG, die Kosten für sieben Geschäftsreisen nach Nr. 7003 VV RVG, Tage- und Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 VV RVG für sieben Termine, Pauschalen für Dokumente, Post und Telekommunikation sowie eine Auslagenpauschale für eine Akteneinsicht geltend.
3.
Mit Beschluss vom 24. Juni 2015 hat der Kostenbeamte des Landgerichts Chemnitz die zu erstattenden Kosten antragsgemäß festgesetzt.
4.
Gegen den am 6. Juli 2015 zugestellten Beschluss richtet sich der Adhäsionsbeklagte mit seiner am 13. Juli 2015 bei dem Landgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.
Mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 14. September 2015 hat der Angeklagte und Adhäsionsbeklagte sein Rechtsmittel begründet. Er meint, die Terminsgebühr für die Hauptverhandlung am 6. August 2013 könne nicht geltend gemacht werden, weil statt des Adhäsionsklägervertreters Frau Rechtsanwältin H........... den Termin wahrgenommen habe. Die Inanspruchnahme des Adhäsionsbeklagten sei auch der Höhe nach nicht angemessen. Der Adhäsionsklägervertreter habe keine wesentlichen Beiträge geleistet, die auf das Verfahren inhaltlich Einfluss genommen hätten. Der Ansatz der Mittelgebühr sei nicht angemessen.
5.
Der Adhäsionskläger hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Er hat sich über seinen Vertreter mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2015 geäußert. Er meint, die angesetzte Mittelgebühr sei die untere Grenze des Vertretbaren.
II.
1.
Der Senat entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, weil die angefochtene Entscheidung von einem Rechtspfleger erlassen wurde (§ 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
2.
Der Wert des Beschwerdegegenstands von 200 Euro wird überstiegen (§ 567 Abs. 2 ZPO).
3.
Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auf die Geltendmachung der Verteidigergebühren beschränkte Beschwerde hat Erfolg und führt aus Gründen der Klarstellung zur Aufhebung und Neufestsetzung der von dem Adhäsionsbeklagten zu zahlenden Gebühren und Auslagen.
4.
Die Kostenfestsetzung beruht entgegen der Ansicht des Kostenbeamten nicht auf einer mit dem Urteil vom 19. Mai 2014 ausgesprochenen Kostenentscheidung - das Urteil hat insoweit keine Kostenentscheidung getroffen -, sondern auf dem zwischen dem Adhäsionskläger und dem Adhäsionsbeklagten geschlossenen Vergleich, der eine Kostenvereinbarung enthält. Die Parteien haben damit unter Zugrundelegung des zivilprozessualen Kostenbegriffs eine Regelung über die notwendigen Auslagen des Adhäsionsklägers getroffen.
5.
Vor diesem Hintergrund richtet sich das Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 f. ZPO. Grundlage für die Festsetzung nach §§ 103 f. ZPO ist der ...