Leitsatz (amtlich)
1. Der Wartepflichtige an einer Kreuzung, der in eine Vorfahrtsstraße einbiegen will, darf nur dann darauf vertrauen, dass der Vorfahrtsberechtigte seinerseits abbiegen will, wenn dieser blinkt und zusätzlich die Annäherungsgeschwindigkeit deutlich und erkennbar herabsetzt oder zweifelsfrei bereits mit dem Abbiegen bereits begonnen hat. Es reicht demgegenüber nicht aus, wenn der Vorfahrtberechtigte sich dem Kreuzungsbereich mit einer geringeren als der dort zugelassenen Höchstgeschwindigkeit nähert, ohne diese jedoch weiter zu verlangsamen.
2. Eine Haftungsverteilung zu Lasten des Wartepflichtigen von 1/3 zu 2/3 ist gerechtfertigt, wenn der Vorfahrtsberechtigte vor dem Zusammenstoß zwar geblinkt, sich darüber hinaus aber nicht tatsächlich wahrnehmbar auf das Abbiegen vorbereitet hat.
3. Teilt das Gericht den Parteien mit, dass es beabsichtigte, ein Gutachten aus einem Straf- oder Ermittlungsverfahren zu verwerten, führt die rügelose Antragstellung dazu, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz nicht mehr eingewandt werden kann.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 02 O 3102/16) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 32.577,20 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Schadensersatz, Schmerzensgeld und die Feststellung der Einstandspflicht für materielle und immaterielle Zukunftsschäden nach einem Verkehrsunfall, der sich am 06.05.2015 im Bereich M... ereignete. Die Klägerin, die mit ihrem Motorrad die S xx in südöstlicher Richtung befuhr, beabsichtigte, an der Kreuzung Sxx/Byy nach links in Richtung M... auf die B yy abzubiegen. Vor der Einmündung steht in der S xx das Zeichen 206 ("Stopp-Schild"). Der Beklagte zu 1 befuhr mit seinem bei der Beklagten zu 2 versicherten P... aus M... kommend die Byy in Richtung L... Im Kreuzungsbereich Sxx/Byy kam es zu Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen, wobei die Klägerin verletzt wurde und Sachschäden entstanden. Der genaue Unfallhergang ist zwischen den Parteien streitig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ergänzend Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Akte der Staatsanwaltschaft Leipzig, Az 506 Js 35389/15, beigezogen und der Klage nach Beweisaufnahme unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 1/3 zu Lasten des Beklagten hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Schadenspositionen und unter Zuerkennung eines Schmerzensgeldes von 5.000,- EUR teilweise stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer beschränkten Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 2/3 zu Lasten des Beklagten weiterverfolgt. Zur Begründung führt sie aus, das Landgericht sei auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage und aufgrund einer fehlerhaften Beweiswürdigung zu einer unzutreffenden Haftungsverteilung gelangt. Ferner habe es unter Verstoß gegen das zu gewährende rechtliche Gehör davon abgesehen, den angebotenen Sachverständigenbeweis zu erheben.
Sie beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin über den ausgeurteilten Betrag in Höhe von 933,61 hinaus weitere 7.576,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2016 zu zahlen,
2. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber weitere 8.334,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2016 zu zahlen,
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin 2/3 ihrer sämtlichen Schäden, welche ihr in Zukunft aus dem Verkehrsunfall vom 06.06.2012, Einmündung Sxx/Byy im Gemeindegebiet M... erwachsen werden, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen,
4. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner die Klägerin von den vorgerichtlichen Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe weiterer 292,47 EUR freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und das beigezogene Strafverfahren ergänzend Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Sie bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch ande...