Leitsatz (amtlich)
1. Das pauschale Bestreiten, die Verbraucherinformationen zu einem Lebensversicherungsvertrag erhalten zu haben, reicht regelmäßig zur Widerlegung einer substantiierten Darstellung des Versicherers nicht aus. Die Unterzeichnung eines Empfangsbekenntnisses stelle ein beweiskräftiges Indiz für den Erhalt dieser Unterlagen dar.
2. Das Textformerfordernis kann durch die Übergabe einer CD erfüllt werden.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 469/22) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Verhandlungstermin vom 17. Oktober 2023 wird aufgehoben.
4. Es ist beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 19.586,45 EUR festzusetzen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Die 30-tägige Widerrufsfrist des § 152 Abs. 1 VVG war im Zeitpunkt der Widerrufserklärung mit Schreiben vom 24. März 2020 bereits abgelaufen, so dass der Versicherungsvertrag nicht mehr wirksam widerrufen werden konnte (1.). Dahingestellt bleiben kann, ob dem Kläger Schadensersatzansprüche wegen einer Aufklärungs- bzw. Beratungspflichtverletzung zugestanden haben, da diese jedenfalls im Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2022 verjährt waren (2.).
1. Der vom Kläger erklärte Widerruf (§§ 8, 152 VVG) war im Zeitpunkt seiner Erklärung mit Schreiben vom 24. März 2020 verfristet, weil er nicht binnen der 30-tägigen Widerrufsfrist des § 152 Abs. 1 VVG erklärt worden ist.
Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 VVG setzt der Lauf der Widerrufsfrist voraus, dass dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die weiteren Informationen nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 VVG und eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und die Rechtsfolgen des Widerrufs in Textform zugegangen sind. Diese Voraussetzungen waren mit Erhalt des Versicherungsscheines vom 02. März 2010, den der Kläger auch nicht in Abrede stellt, erfüllt.
Das pauschale Vorbringen/Bestreiten, ihm seien die Verbraucherinformationen "nicht zum Vertragsschluss übergeben worden", genügt nicht, nachdem die Beklagte die Übergabe der maßgeblichen Unterlagen an den Kläger in der Klageerwiderung im Einzelnen dargestellt hat. Nach dem Vortrag der Beklagten ist dem Kläger bei Antragstellung mit der "sog. Antragsmappe (CD-ROM) das Produktionsinformationsblatt, die Kundeninformation, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), das Merkblatt zur Datenverarbeitung, die Mitteilung über die Folgen der Verletzung einer gesetzlichen Anzeigepflicht sowie eine Zweitschrift des Antrages ausgehändigt worden" und sie hat zudem auf die entsprechende Bestätigung des Klägers mit seiner Unterschrift zum Erhalt der Unterlagen auf dem Antragsformular verwiesen. Diese dezidierte Darstellung der Beklagten hat der Kläger seinerseits in der Folge und auch mit der Berufungsbegründung nicht ausreichend substantiiert bestritten, so dass im Verfahren letztlich das Vorbringen der Beklagten zur Übergabe der Unterlagen maßgeblich ist (§ 138 Abs. 3 ZPO; vgl. dazu auch OLG Saarbrücken, Beschluss vom 05. August 2022, Az.: 5 U 15/22 - juris). Im Übrigen begründet das vom Kläger im Antragsformular gesondert unterzeichnete Empfangsbekenntnis jedenfalls ein beweiskräftiges Indiz für den Empfang der Unterlagen. Das einfache Bestreiten des Erhaltes der Verbraucherinformationen ohne nähere Darlegung durch den Kläger, warum er dennoch das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, ist nicht geeignet, dieses Indiz zu entkräften (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 05. Mai 2020, Az.: 20 U 22/21 - juris, m.w.N.).
Unzutreffend ist auch seine Auffassung, die Übergabe der Unterlagen in Form einer CD-ROM genüge dem Erfordernis einer Übergabe der Unterlagen in "Textform" nicht. Denn ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden, wobei ein dauerhafter Datenträger jedes Medium ist, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren und zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraumes zugänglich und das gee...