Leitsatz (amtlich)
1. Ein Abhilfeverfahren ist nicht Voraussetzung für die Entscheidung des Beschwerdegerichts.
2. Die Gegenvorstellung gegen einen Beweisbeschluss kann eine im Gesetz nicht vorgesehene Begründung nicht erzwingen; mit der nicht begründeten Zurückweisung der Gegenvorstellung kann die Besorgnis der Befangenheit des Richters daher nicht begründet werden.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 01 O 3059/16) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 31.07.2020 gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 20.07.2020 - Az.: 1 O 3059/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Gegenstandswert der Beschwerde wird auf 600.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer für vollstreckbar erklärten notariellen Urkunde vom 25.11.2016. Die notarielle Urkunde betrifft einen Grundstückskaufvertrag verbunden mit einem Vertragsstrafenversprechen für den Fall bestimmter Vertragsverletzungen. Hierauf beruft sich die Beklagte und betreibt wegen des aus ihrer Sicht fällig gewordenen Vertragsstrafenanspruchs die Zwangsvollstreckung. Die im weiteren Verlauf abgelehnte Vorsitzende Richterin hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2019 Bedenken an der Bestimmtheit der streitgegenständlichen Vertragsstrafenklausel geäußert. Am 06.03.2020 hat das Landgericht einen Beweisbeschluss, gerichtet auf die Aufklärung des klägerseits behaupteten Inhalts der vertraglichen Verpflichtungen erlassen. Gegen diesen Beweisbeschluss hat die Beklagte am 24.03.2020 eine Gegenvorstellung erhoben. Einer der im Beweisbeschluss genannten zwei Zeugen könne wegen fehlender Aussagegenehmigung nicht vernommen werden. Die Vernehmung des weiteren Zeugen sei wegen fehlender Beweisbedürftigkeit ebenfalls unzulässig. Nach Zurückweisung der Gegenvorstellung mit Beschluss vom 24.04.2020 hat die Beklagte erstmals am 26.05.2020 die Vorsitzende wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und die Auffassung vertreten, die Richterin habe sich mit der in ihrem Beschluss zur Zurückweisung der Gegenvorstellung geäußerten Rechtsauffassung unhaltbar und willkürlich von anerkannten rechtlichen Grundsätzen entfernt. Am 04.06.2020 hat die Vorsitzende eine dienstliche Stellungnahme zum Ablehnungsgesuch abgegeben und die Aufhebung des auf den 10.06.2020 bestimmten Termins zur mündlichen Verhandlung verfügt. Hiernach, am 24.06.2020 hat die Beklagte einen erneuten Ablehnungsantrag gegen die bereits zuvor für befangen erachtete Einzelrichterin gestellt und erneut die aus ihrer Sicht grob falsche rechtliche Einordnung der Sache durch die Erstrichterin nochmals verdeutlicht in deren dienstlicher Stellungnahme zum ersten Befangenheitsantrag, gerügt. Die für das Ablehnungsgesuch zuständige 1. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig hat mit Beschluss vom 20.07.2020 das erste Ablehnungsgesuch wegen fehlender "Unverzüglichkeit" als unzulässig verworfen, zugleich aber darauf hingewiesen, dass es auch in der Sache unbegründet sei. Der Antrag der Beklagten vom 24.06.2020 stelle kein selbstständiges Ablehnungsgesuch dar, weil die dort vorgebrachten Argumente inhaltlich identisch mit denen aus dem ersten Ablehnungsgesuch seien. Unabhängig hiervon lasse sich der Rechtsauffassung und der prozessualen Vorgehensweise der Erstrichterin nichts für eine grobe Verkennung von Rechtsgrundsätzen oder eine unsachgemäße Verfahrensleitung entnehmen. Wegen der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung wird auf die Ausführungen unter Ziffer 2. des Beschlusses vom 20.07.2020 verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 30.07.2020 hat die Beklagte auch die mit dem zurückweisenden Beschluss befassten Richter wegen Befangenheit abgelehnt. Das Gericht habe grob rechtswidrig verkannt, dass es sich beim zweiten Ablehnungsgesuch um einen eigenständigen Antrag gehandelt habe und auch im Übrigen seien die Rechtsauffassungen des Gerichts so abwegig, dass sich der Eindruck der Befangenheit aufdrängen müsse. Am 31.07.2020 erhob die Beklagte zusätzlich die am 03.08.2020 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde.
Zu deren Begründung führt sie aus, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft eine prozesswidrige Verzögerung und damit Verspätung des ersten Ablehnungsgesuchs angenommen. Der zweite Ablehnungsantrag vom 24.06.2020 könne ohnehin nicht verfristet sein, weil er nur sieben Tage nach Zugang der dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richterin unter Bezugnahme auf eben diese Äußerung erhoben worden sei.
Der angefochtene Beschluss sei zudem gemäß § 315 Abs. 1 ZPO unwirksam, weil er nicht von allen Richtern unterschrieben sei. Es fehle die Unterschrift der stellvertretenden Vorsitzenden Richterin am Landgericht A.......
Schließlich seien die Ablehnungsgesuche vom 26.05.2020 und 24.06.2020 auch inhaltlich begründet gewesen und hätten nicht abgelehnt werden dürfen. Denn auch wenn ein Beweisbeschluss wie der hier zugrunde liegende für sich genommen nicht zu begründen sei...