Leitsatz (amtlich)
Die Zahlung eines Arbeitgebers zur Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Urlaubs ist kein im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe zu berücksichtigendes Einkommen des Arbeitnehmers. Das gilt zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer die Zahlung vor Einleitung des Verfahrens erhalten hat, für das er Verfahrenskostenhilfe beantragt.
Verfahrensgang
AG Marienberg (Aktenzeichen 2 F 316/21) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 03.08.2021 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Marienberg vom 23.07.2021 - 2 F 316/21 - in Ziffer 2 des Beschlusstenors wie folgt abgeändert:
Auf die voraussichtlichen Kosten der Verfahrensführung sind nachfolgende Zahlungen an die Landesjustizkasse Chemnitz zu leisten:
monatliche Raten i.H.v. 45,00 EUR zahlbar aus dem Einkommen zum 1. des Monats erstmals am 01.11.2021.
Im Übrigen bleibt der angefochtene Beschluss unberührt.
2. Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Das Familiengericht hat der Antragstellerin mit dem angefochtenen Beschluss auf ihren Antrag vom 08.06.2021 für ihre Rechtsverfolgung in einer Ehesache Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten bewilligt (Ziffern 1 und 3 des Beschlusstenors) und zugleich angeordnet, dass die Antragstellerin auf die voraussichtlichen Kosten ihrer Verfahrensführung monatliche Raten i.H.v. 175,00 EUR zu zahlen hat (Ziffer 2 des Beschlusstenors).
Gegen die am 28.07.2021 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 03.08.2021 am selben Tag hinsichtlich der angeordneten Ratenzahlung Beschwerde eingelegt, mit der sie die Neuberechnung und Herabsetzung der angeordneten Rate begehrt. Zur Begründung führt sie aus, dass ihr das Familiengericht die von ihrem früheren Arbeitgeber im März/April 2021 ausbezahlte Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG (3.240,00 EUR) zu Unrecht als monatliches Einkommen i.H.v. 270,00 EUR (3.240,00 EUR : 12 Monate) angerechnet habe. Bei der Abgeltung für die Jahre 2020 und 2021 handle sich nicht um Einkommen, sondern um Vermögen. Ungeachtet dessen hätte der Einmalbetrag, soweit es sich um Einkommen handeln sollte, auf einen Zeitraum von 16 Monaten verteilt werden müssen. Außerdem trägt die Antragstellerin - in Ergänzung ihrer bisherigen Angaben in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - vor, dass im Rahmen der Ratenberechnung auch die Kosten für ihren täglichen Weg von 5 km zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu berücksichtigen seien.
Das Familiengericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 05.08.2021 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die Beschwerdeschrift, den Nichtabhilfebeschluss und die von der Antragstellerin erstinstanzlich vorgelegten Verfahrenskostenhilfeunterlagen Bezug genommen.
Das Beschwerdeverfahren wurde mit Beschluss vom 30.08.2021 vom Einzelrichter auf den erkennenden Senat übertragen.
II. Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in dem aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Senat folgt der Beschwerdeführerin im Ergebnis darin, dass es sich bei der Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG - jedenfalls nach den hier gegebenen Umständen - nicht um Einkommen, sondern um Vermögen handelt. Da das Gesamtvermögen der Antragstellerin unter dem Schonbetrag liegt, ist es nicht für die voraussichtlichen Verfahrenskosten einzusetzen. Ungeachtet dessen bleibt es bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit Ratenzahlung, wobei die Rate lediglich aus dem Lohn/Gehalt der Antragstellerin ohne Berücksichtigung der Einmalzahlung des früheren Arbeitgebers zu ermitteln, mithin die vom Familiengericht angeordnete Rate herabzusetzen ist. Im Einzelnen:
1. Da Einkommen und Vermögen verschiedenen Bewertungsregeln unterliegen (§ 115 Abs. 1 ZPO einerseits, § 115 Abs. 3 ZPO andererseits), ist bei den verschiedenen Leistungen entsprechend zu differenzieren.
a) Die gesetzliche Definition des Einkommens ("alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert", § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO) entspricht derjenigen in § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Für die Verfahrenskostenhilfe gelten demnach grundsätzlich die sozialrechtlichen Regeln der Einkommensermittlung, nicht diejenigen des Unterhalts- oder Steuerrechts (Schultzky in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 115 Rdn. 2).
Zum Einkommen zählen neben den monatlichen Bezügen auch einmalige, aber regelmäßig wiederkehrende Leistung wie beispielsweise Weihnachts- und Urlaubsgeld, Umsatzbeteiligungen, gewinnabhängige Tantiemen, Honorare u.Ä.
Zum Vermögen werden dagegen beispielsweise gerechnet: Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss sowie Abfindungen aus Vermögensauseinandersetzungen, Schenkungen oder Erbschaften.
Der Umstand, dass der Empfänger die Beträge aus seinem Vermögen für seinen Unterhal...