Leitsatz (amtlich)
Eine Partei muss rückwirkend bezahlten Unterhalt dann für die Verfahrenskosten einsetzen, wenn und soweit sie zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung bei Berücksichtigung des - an sich laufend zu zahlenden, nunmehr aber erst rückwirkend erhaltenen - Unterhalts zu monatlichen Raten gem. § 115 Abs. 2 ZPO verpflichtet gewesen wäre.
Verfahrensgang
AG Villingen-Schwenningen (Beschluss vom 15.05.2014; Aktenzeichen 2 F 265/11) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Villingen-Schwenningen vom 15.5.2014 (2 F 265/11) mit der Maßgabe abgeändert, dass die Antragstellerin auf die Verfahrenskosten aus ihrem Vermögen 180 EUR bis 31.1.2014 sowie ab Aufforderung durch die Landesoberkasse monatliche Raten i.H.v. 60 EUR zu zahlen hat.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Anordnung, im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe eine Unterhaltsnachzahlung für die angefallenen Verfahrenskosten einsetzen zu müssen.
Mit Beschluss des AG - Familiengericht - Villingen-Schwenningen vom 18.11.2011 wurde der Antragstellerin ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für ein erstinstanzliches Unterhaltsverfahren bewilligt, das mit Beschluss vom 13.11.2012 abgeschlossen wurde. Danach wurde der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin rückständigen Unterhalt für die Zeit von 1.9.2011 bis 30.11.2012 i.H.v. insgesamt 5.535 EUR sowie ab Dezember 2012 laufenden Unterhalt i.H.v. 369 EUR zu zahlen. Die gegen den Beschluss eingelegte Beschwerde des Antragsgegners wurde am 11.12.2013 (18 UF 364/12) zurückgenommen. Am 1.4.2014 erhielt die Antragstellerin die im Beschluss titulierte Unterhaltsnachzahlung i.H.v. 5.535 EUR.
Mit Beschluss der Rechtspflegerin vom 15.5.2014 wurde der Verfahrenskostenhilfe bewilligende Beschluss vom 18.11.2011 dahingehend abgeändert, dass die Antragstellerin die Kosten der Verfahrensführung i.H.v. ausstehenden 682,96 EUR bis 1.7.2014 aus ihrem Vermögen an die Landesoberkasse Baden-Württemberg zu zahlen hat. Auf die Entscheidung wird Bezug genommen.
Gegen diese ihr am 20.5.2014 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin mit am 14.6.2014 beim AG Villingen-Schwenningen eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Der rückständige Unterhalt stelle Einkommen dar, von dem die Antragstellerin ihren Lebensunterhalt bestreiten müsse. Auf die Begründung wird verwiesen.
Das Familiengericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 23.7.2014 nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Für Verfahren, in denen der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vor dem 1.1.2014 gestellt wurde, sind gem. § 40 EGZPO die §§ 114 bis 127 ZPO in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung anwendbar (dazu Viefhues FF 2014, 385, 399; Nickel FamRZ 2014, 1429).
2. Gemäß § 120 Abs. 4 ZPO a.F. kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann insbesondere dadurch eintreten, dass die Partei durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung etwas erlangt. Denn eine Partei ist gehalten, auch das nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe erhaltene Vermögen und Einkommen zur Prozessführung einzusetzen (grundlegend BGH FamRZ 2007, 1720, juris Rz. 15). Dieser Grundsatz ist in das ab 1.1.2014 geltende Recht der Prozesskostenhilfe eingeflossen (vgl. § 120a Abs. 3 ZPO n.F., s. Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 120a Rz. 6).
3. Vorliegend hat die Antragstellerin nach Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe und nach Abschluss des Verfahrens aufgrund des Beschlusses vom 13.11.2012 vom Antragsgegner am 1.4.2014 einen Betrag i.H.v. 5.535 EUR erhalten. Dabei handelt es sich um eine Einmalzahlung zur Erfüllung rückständigen Ehegattenunterhalts für die Zeit vom 1.9.2011 bis 30.11.2012 i.H.v. monatlich 369 EUR.
a) Erhält ein Beteiligter rückständigen Unterhalt als Einmalzahlung, wird es regelmäßig als unzumutbar angesehen, dass aus diesem Unterhaltsrückstand Verfahrenskosten zu begleichen sind (BGH FamRZ 1999, 644 für den Fall der Darlehensrückzahlung; OLG Hamm FamRZ 2007, 1661, juris Rz. 6; OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 385, juris Rz. 12; OLG Celle vom 27.9.2005 - 3 W 127/05, juris Rz. 3; Zöller/Geimer, a.a.O., § 115 Rz. 58a). Denn die (rückständige Zahlung) dient an sich zur Deckung eines - in der Vergangenheit liegenden - Bedarfs. Müsste der Bedürftige diese Einmalzahlung für die Verfahrenskosten einsetzen, wäre er gegenüber einem Unterhaltsbedürftigen, der bei laufenden Unterhaltleistungen nicht verpflichtet gewesen wäre, zu den Verfahrenskosten beizutragen, benachteiligt (OLG Hamm FamRZ 1996, 1291 (Ls); OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 385, juris...