Leitsatz (amtlich)
Hat sich ein Pressevertreter selbst als Autor eines Artikels bezeichnet und in dem Artikel seinen Gewährsmann namentlich und mit wörtlichen Zitaten benannt, ist er nicht berechtigt, unter Hinweis auf § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO die Aussage auf die Frage zu verweigern, ob der im Artikel genannte Gewährsmann ihm gegenüber die Angaben wie zitiert gemacht hat.
Verfahrensgang
LG Bautzen (Aktenzeichen 2 O 0699/00) |
Tenor
1.
2. Auf ihre sofortige Beschwerde wird das Zwischenurteil des LG Bautzen vom 25.4.2001 (AZ: 2 O 699/00) wie folgt abgeändert:
Die Aussageverweigerung des Zeugen zu dem Beweisthema im Beweisbeschluss vom 14.4.2001 unter Berufung auf § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist unberechtigt.
3. Die Kosten des Zwischenstreits in erster Instanz und die Kosten des Beschwerdeverfahrens – mit Ausnahme der Kosten der Wiedereinsetzung – trägt der Zeuge Andreas.
Die Kosten der Wiedereinsetzung tragen die Kläger.
4. Beschwerdewert = 8.000 DM
Gründe
I. Die Kläger verlangen von dem beklagten Rechtsanwalt Widerruf einer ehrkränkenden und wahrheitswidrigen Erklärung gegenüber einem Journalisten der, die dieser am 8.7.1999 unter seinem Namen als wörtliches Zitat des Beklagten unter Namensnennung veröffentlicht hat. Der Beklagte bestreitet, die zitierte Äußerung abgegeben zu haben, die Kläger berufen sich zum Beweis auf den Journalisten, den Zeugen.
Das LG hat am 14.2.2001 beschlossen, auf Antrag der Kläger den Zeugen zu der Frage zu vernehmen, ob der Beklagte die zitierte Äußerung gegenüber einem Journalisten der gemacht hat. In der Sitzung vom 25.4.2001 hat der Zeuge das Zeugnis unter Berufung auf § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO verweigert. Das LG hat durch Zwischenurteil vom 25.4.2001 festgestellt, dass der Zeuge nicht verpflichtet sei, zu dem genannten Beweisthema auszusagen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger, (…).
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. (…)
2. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 387 Abs. 3) – nach Wiedereinsetzung – zulässig (§§ 577 Abs. 2, 236 Abs. 2 S. 2 ZPO) und begründet.
Die Zeugnisverweigerung des Zeugen ist unberechtigt; er darf sein Zeugnis auf die Beweisfrage im Beweisbeschluss vom 14.2.2001 nicht unter Berufung auf § 383 Nr. 5 ZPO verweigern.
Allerdings sind Personen, die wie der Zeuge bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken berufsmäßig mitwirken, berechtigt, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen nach § 383 Nr. 5 ZPO das Zeugnis zu verweigern, soweit es sich – wie hier – um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt. Diese Regelung hat ihren Grund darin, dass die Funktionsfähigkeit von Presse und Rundfunk, die als Kontrollorgane in der Demokratie unverzichtbar sind, ein Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und ihren Informanten erfordert, das nur durch ein dem Redaktionsgeheimnis entsprechendes Zeugnisverweigerungsrecht garantiert ist (BVerfG v. 25.1.1984 – 1 BvR 272/81, BVerfGE 66, 116 [133 ff.] = MDR 1984, 729). Pressevertreter sind daher grundsätzlich nicht verpflichtet, über die Person des Verfassers eines Artikel, Informanten, Einsenders oder Gewährsmanns sowie über den Inhalt der von diesen Personen erlangten Auskünfte, Unterlagen oder sonstigen Mitteilungen auszusagen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 383 Rz. 15). Dieses Zeugnisverweigerungsrecht bezieht sich nicht nur auf Fragen unmittelbar nach der Identität der Betroffenen, sondern auch auf alle diejenigen, aus denen sich die Identität des Betroffenen mittelbar ergeben könnte (BGHSt 36, 298).
Hat sich der Pressevertreter jedoch selbst als Autor des Artikels bezeichnet und hierin seinen Gewährsmann mit wörtlichen Zitaten bekannt gegeben, ist der Schutzbereich des § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht mehr berührt. Denn im Umfang der bereits erfolgten Veröffentlichung kann das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und Gewährsmann, das im Interesse der Sicherung der Nachrichtenbeschaffung von § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu schützen wäre, durch die Zeugenaussage nicht tangiert werden. Entweder ist es – bei Veröffentlichung ohne Einwilligung des Gewährsmanns – nachträglich entfallen, oder es bedurfte – bei entsprechender Einwilligung seitens des Informanten – von vornherein keines Schutzes. Sind die Zitate inhaltlich oder in der Zuschreibung falsch, wird das Vertrauensverhältnis durch eine entsprechende Zeugenaussage nicht verletzt, weil weder der Inhalt des Informationsgesprächs im Übrigen noch die Identität des wahren Informanten in solchem Fall bekannt gegeben werden muss. Soweit das Gericht den Pressevertreter nur über die Frage, ob bereits veröffentlichte Informationen zutreffen, vernehmen will, besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht also nicht (vgl. BGH v. 13.1.1999 – 2 Bfs 71/93, StB 14/98, NJW 1999, 2051 [2052]; BGHSt 28, 240 [243 ff.]; BverfG v. 12.3.1982 – 2 BvR 1112/81, AfP 1982, 100 f.; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. A...