Leitsatz (amtlich)

Die Leistung eines Sachverständigen für die Vorbereitung eines anthropologischen Vergleichsgutachtens ist einer Honorargruppe der Anlage 1 zu § 9 JVEG nach billigem Ermessen zuzuordnen. Rechnet der anthropologische Sachverständige außergerichtlich und außerbehördlich mit einem Stundensatz von 120,00 EUR ab, ist eine Vergütung in Anlehnung an die Honorargruppe 6 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG mit einem Stundensatz von 75,00 EUR angemessen.

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Entscheidung vom 14.06.2005; Aktenzeichen 1 Qs 50/05)

AG Hohenstein-Ernstthal (Aktenzeichen 5 OWi 530 Js 38614/04)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde des Sachverständigen Dr. . S gegen den Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 14. Juni 2005 wird als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Am 05. November 2004 stelltte der Sachverständige Dr. S für ein von ihm in dieser Bußgeldsache vorbereitetes anthroplogisches Vergleichsgutachten einen Stundensatz von 85,00 EUR in Rechnung. Das Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal wies zunächst nur einen Stundensatz von 75,00 EUR an. Auf Antrag des Sachverständigen setzte das Amtsgericht mit Beschluss vom 11. Januar 2005 dann jedoch einen Stundensatz von 85,00 EUR fest.

Gegen den Beschluss legte der Bezirksrevisor beim Landgericht Chemnitz Beschwerde ein, weil ihm ein Stundensatz von 75,00 EUR ausreichend erschien. Das Amtsgericht ließ die Beschwerde zu und half ihr nicht ab.

Mit Beschluss vom 14. Juni 2005 hat das Landgericht Chemnitz in der Besetzung mit drei Richtern den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Vergütung des Sachverständigen wie vom Bezirksrevisor beantragt festgesetzt. Das Landgericht meint, die Zuordung der vom Sachverständigen erbrachten Leistung zu einer Honorargruppe bestimme sich nach Anlage 1 zu § 9 JVEG. Die vom Sachverständigen erbrachte Leistung (Vorbereitung eines anthropologischen Vergleichsgutachtens) sei in keiner Honorargruppe der Anlage 1 genannt. Daher sei sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze einer Honorargruppe nach billigem Ermessen zuzuordnen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die in den Honorargruppen zugeordneten Stundensätze den Ergebnissen einer umfangreichen Datenerhebung bei Gerichten, Staatsanwaltschaften und im außergerichtlichen Bereich zur Höhe der in den jeweiligen Sachgebieten jeweils gewährten Entschädigungen und Vergütungen folge. Die Stundensätze schlössen die laufenden Gemeinkosten, insbesondere für Altersicherung und die Krankheitsvorsorge ein. Auch unter Berücksichtigung der vom Sachverständigen vorgetragenen Argumente seien die in den letzten sechs Jahren erfolgten Preissteigerungen im JVEG berücksichtigt. Da die im JVEG festgesetzten Stundensätze um 25 bis 35 Prozent hinter den Stundensätzen im außergerichtlichen Bereich zurückblieben, ergäbe sich ausgehend von einem Stundensatz in Höhe von 100,00 EUR eine rechnerische Stundensatzspanne von 65,00 EUR bis 75,00 EUR. Auch die Heranziehung vergleichbarer Sachgebiete und dazugehöriger Honorargruppen für die Bestimmung des billigen Ermessens im Rahmen der Eingruppierung einer Sachverständigentätigkeit in die Honorargruppen der Anlage 1 zu § 9 JVEG rechtfertige die Stundensatzhöhe. Dabei könnten die Bereiche der Schriftuntersuchung (Honorargruppe 3: 60,00 EUR), des grafischen Gewerbes (Honorargruppe 6: 75,00 EUR), der medizinischen Gutachten mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad (Honorargruppe M 2: 60,00 EUR) und die medizinischen Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Honorargruppe M 3: 85,00 EUR) herangezogen werden.

Gegen den Beschluss richtet sich die vom Landgericht zugelassene weitere Beschwerde des Sachverständigen, mit der er seine bereits gegenüber dem Amtsgericht geäußerte Aufassung wiederholt und weiter vertieft. Er meint, dass der von ihm bei Privataufträgen mit 120,00 EUR abgerechnete Stundensatz in Ansatz zu bringen sei. Bei der Einordnung in eine Honorargruppe müsse das Rangverhältnis der innerhalb vom Gesetzgeber geschaffenen Gruppen und Sachgebiete gewahrt werden. Eine Eingruppierung in die Honorargruppe 6 degradiere seine Sachverständigentätigkeit auf das Niveau von Gutachten in den Bereichen Hochbau, Fahrzeugbau, Kältetechnik und Gebäudeschäden. Das maßgebliche Kriterium für die Zuordnung in einer Honorargruppe seien jedoch die außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze für Leistungen auf dem betroffenen Sachgebiet. Dies ergäbe im vorliegenden Fall eine Eingruppierung in Honorargruppe 10. Er bringe bei der Vorbereitung und Erstattung von anthropologischen Identitätsgutachten jedoch die Honorargruppe M 3 in Ansatz, weil es sich bei seiner Sachverständigentätigkeit um eine Spitzenleistung von höchstqualifizierter Tätigkeit handele, die mit einem außergewöhnlichen (höchsten) Schwierigkeitsgrad einzustufen sei und unter extrem schwierigen Umständen hinsichtlich der Merkmalserfassung und den vergleichenden Untersuchungen stattfinde. Die Einordnung in die Honorargru...

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