Leitsatz (amtlich)
Wird eine Blutprobe unter Missachtung des gesetzlichen Richtervorbehalts entnommen, besteht kein Beweisverwertungsverbot.
Tenor
l.
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Borna vom 17. April 2008 wird als unbegründet v e r w o r f e n ,
weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
2.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Soweit die Revision die Verfahrensrüge des Vorliegens eines Verwertungsverbotes vorträgt, entspricht diese nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und ist daher bereits unzulässig. Der Beschwerdeführer muss die den von ihm behaupteten Mangel enthaltenden Tatsachen so umfänglich vortragen, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft. Diesen Anforderungen genügt die erhobene Verfahrensrüge nicht. Zur Rüge eines Verwertungsverbotes aufgrund Verstoßes gegen den sogenannten Richtervorbehalt in § 81 a Abs. 2 StPO gehört der Vortrag, dass die Angeklagte nicht in die Blutentnahme eingewilligt bzw. dieser zugestimmt hat. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 a StPO kommt es nämlich von vornherein nicht an, wenn eine Einwilligung des Angeklagten in die Blutentnahme vorliegt. da der insoweit vorliegende Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit ein für sie disponibles Rechtsgut betrifft (Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., § 81 a Rdnr. 3 m.w.N.; OLG Hamburg, VRS 114, 275). Die Revisionsbegründung verhält sich zu diesem Punkt nicht. Zu entsprechenden Ausführungen in der Revision hätte aber schon deshalb Anlass bestanden, weil die Angeklagte ausweislich der den Senat bindenden Urteilsfeststellungen den Atemalkoholkontrolltest freiwillig durchgeführt hat.
Unabhängig davon wäre die Rüge auch unbegründet, da ein Verwertungsverbot nicht besteht. Dabei kann offen bleiben, ob die formellen Voraussetzungen einer (Eil-)Anordnung der Blutentnahme nach § 81 a Abs. 2 2. Alt. StPO vorgelegen hätten, da vorliegend aus dem möglichen Beweiserhebungsverbot jedenfalls kein Beweisverwertungsverbot folgen würde. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei Missachtung des sich aus § 81 a Abs. 2 StPO ergebenden Richtervorbehalts ein Verwertungsverbot hinsichtlich der aus der Blutentnahme sich ergebenden Beweismittel anzunehmen ist, hat der Gesetzgeber nicht entschieden. Dem Strafverfahrensrecht ist ein allgemein geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd (BGHSt 44, 243). Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung ist diese Frage jeweils nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes ist dabei die Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist. In Abwägung der betroffenen Rechtsgüter stand vorliegend dem hochrangigen Interesse an der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs nach § 316, § 315 c StGB, das - unter einfachem Gesetzvorbehalt stehende - Grundrecht des Angeklagten auf körperliche Unversehrtheit aus Artikel 2 Satz 1 GG gegenüber, wobei es sich bei dem Eingriff in das Grundrecht um einen solchen von relativ geringer Intensität und Tragweite handelte (OLG Hamburg, VRS 114, 275; OLG Stuttgart, VRS 113, 365; Meyer-Goßner, a.a.O., § 81 a Rdnr. 3). Vorliegend war eine Eilanordnung der Polizei auch nicht schlechthin verboten und ein richterlicher Anordnungsbeschluss wäre höchstwahrscheinlich zu erlangen gewesen. Gleichfalls kann nicht von einer bewusst fehlerhaften Entscheidung der anordnenden Polizeibeamtin ausgegangen werden; ebenfalls fehlen objektive Anhaltspunkte dafür, dass sie die Eingriffsbefugnisse objektiv willkürlich in schwerwiegender weise verkannt hätte. Es ist vorliegend vielmehr aufgrund des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe davon auszugehen, dass die Polizeibeamtin von einer irrtümlichen Fehleinschätzung bzw. Fehlinterpretation des Begriffs "Gefahr in Verzug" bzw. der Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung des Verfahrens ausgegangen ist.
Die Annahme eines Verwertungsverbotes könnte auch nicht auf eine Verletzung der grundsätzlich bestehenden Dokumentationspflicht der Strafverfolgungsbehörden gestützt werden (vgl. BGH, NStZ-RR 2007, 242; OLG Stuttgart, VRS 113, 365; bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 28. Juli 2008 - 2 BVR 784/08).
Auch die erhobene Sachrüge führt nicht zum Erfolg. Insbesondere ist die von der Revision vorgebrachte "Kompensation" im Rahmen der Strafzumessung nicht erforderlich. Die von der Revision zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes betrifft eine andersgelagerte Fallgestaltung.
Fundstellen
Haufe-Index 2571113 |
StRR 200... |