Entscheidungsstichwort (Thema)

unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Beugehaftsache des Zeugen D. A., geboren am …, zurzeit in der Justizvollzugsanstalt …

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Beschluss vom 27.11.2002; Aktenzeichen 5 KLs 101 Js 72465/01)

GStA Dresden (Aktenzeichen 31 G Ws 731/02)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 30.04.2003; Aktenzeichen 2 BvR 281/03)

 

Tenor

Die Beschwerden des Zeugen A. gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 27. November 2002, durch den gegen den Zeugen Ordnungsmittel und Beugehaft bis zur Dauer von sechs Monaten verhängt wurden sowie gegen die Verfügung des Vorsitzenden der 5. Strafkammer des Landgerichts Leipzig vom 28. November 2002, durch den der Vollzug der Beugehaft ab dem 05. Dezember 2002 angeordnet wurde, werden als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdeführer ist als Zeuge in der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten F. A. geladen worden. Diesem wird das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in 28 Fällen zur Last gelegt, wobei in den Fällen 5, 6 und 11 der Anklageschrift der Verkauf der Betäubungsmittel an den Beschwerdeführer erfolgt sein soll. In den Fällen 5 und 6 der Anklage gegen A. ist der Beschwerdeführer wegen eben dieser Tatvorwürfe rechtskräftig wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, deren Vollstreckung zurzeit durch den Vollzug der Beugehaft unterbrochen ist. In dem gegen ihn selbst gerichteten Strafverfahren hat der Beschwerdeführer diese Tatvorwürfe – pauschal – eingeräumt und auch den nunmehr Angeklagten A. als Lieferanten der Betäubungsmittel benannt. Trotz der Bestätigung, dass A. sein Lieferant gewesen ist, ist ihm eine Strafmilderung nach § 31 Nr. 1 BtMG aber nicht zugute gekommen.

In der Hauptverhandlung gegen A. hat er das Zeugnis umfassend verweigert und sich auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO auch hinsichtlich der Anklagepunkte berufen, für die er selbst spiegelbildlich bereits rechtskräftig verurteilt ist. Er macht geltend – und hat dies pauschal ohne weitere Tatsachen zu benennen beeidet –, dass ihn eine wahrheitsgemäße Aussage in die Gefahr weiterer Strafverfolgung bringe. Dabei hat er sich zum einen darauf berufen, eine wahrheitsgemäße Aussage könne dazu beitragen, indirekt Beweise für weitere, noch nicht rechtskräftig abgeurteilte Betäubungsmittelstraftaten zu schaffen, zum anderen macht er geltend, es bestehe die Möglichkeit, dass er sich insoweit in Widerspruch zu seinem früheren Geständnis setzen müsse, dass der Verdacht einer falschen Verdächtigung des Angeklagten A. durch seine damalige Einlassung, dieser sei der Drogenlieferant gewesen, entstehe. Nachdem der Zeuge trotz Belehrung über die Ansicht der Kammer, ihm stehe nur hinsichtlich des nicht abgeurteilten Tatvorwurfs 11 der Anklage gegen A. ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, auf seiner umfassenden Zeugnisverweigerung beharrte, hat die Kammer am 27. November 2002 beschlossen, gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 100,00 EUR, ersatzweise einen Tag Ordnungshaft, festzusetzen und darüberhinaus Beugehaft, die nicht länger als sechs Monate andauern dürfe, angeordnet. In der Hauptverhandlung am 28. November 2002 hat der Vorsitzende der Kammer angeordnet, die Beugehaft ab dem 05. Dezember 2002 zu vollziehen.

Gegen diese beiden Entscheidungen richtet sich die Beschwerde des seit dem 05. Dezember 2002 in Beugehaft befindlichen Zeugen A., in der neben der vertiefenden Begründung für die Inanspruchnahme eines umfassenden Auskunftsverweigerungsrechts geltend gemacht wird, jedenfalls sei der Vollzug der Erzwingungshaft unverhältnismäßig, da deren Aussichtslosigkeit erwiesen sei, im Übrigen sei „das Stufenverhältnis der Zwangsmaßnahme in § 70 Abs. 2 StPO nicht gewahrt und die Begrenzung der Zeitdauer der Beugehaft in § 70 Abs. 2 StPO nicht beachtet”.

Nachdem die Kammer am 04. Dezember 2002 ihren Beschluss vom 27. November 2002 dahingehend ergänzt hat, dass die Beugehaft auch nicht länger als bis zum Abschluss des Strafverfahrens gegen A. andauern dürfe, im Übrigen aber den Beschwerden nicht abgeholfen hat, hat nunmehr der Senat zu entscheiden. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat die Verwerfung der Beschwerden als unbegründet beantragt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässigen Beschwerden sind unbegründet. Dem Beschwerdeführer steht ein Auskunftsverweigerungsrecht – wie von der erkennenden Kammer angenommen – bezüglich der Tatvorwürfe gegen den Angeklagten A., hinsichtlich derer er bereits rechtskräftig verurteilt ist, nicht zu. Auch die formellen Einwände gegen die Verhängung von Beugehaft und die Anordnung ihres Vollzuges sind unbegründet.

1. Dem Beschwerdeführer steht das von ihm in Anspruch genommene umfassende Auskunftsverweigerungsrecht hinsichtlich jeglicher Betäubungsmittelgeschäfte mit dem Angeklagten nicht zu. Wie von der Kammer entschieden kann er die Antwort auf solche Fragen nicht verweigern, die sich auf die b...

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