Leitsatz (amtlich)

1. Auf Lebensversicherungsverträge im Policenmodell, die bis zum 31.12.1994 zu von der Aufsichtsbehörde genehmigten Bedingungen geschlossen wurden, findet nicht § 5a VVG 1994, sondern § 8 Abs. 4 VVG 1990 Anwendung.

2. Eine drucktechnische Hervorhebung des Widerrufsrechts kann nach dieser Vorschrift nicht verlangt werden.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 1815/17)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Verhandlungstermin vom 01.10.2019 wird aufgehoben.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zu Recht hat das Landgericht die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche verneint, da die Klägerin die Beiträge auf den Lebensversicherungsvertrag mit Rechtsgrund gezahlt hat. Der Versicherungsvertrag ist nicht aufgrund des erst mit Schreiben vom 20.04.2017 und damit verfristet von der Klägerin erklärten Widerspruchs erloschen und war daher nicht rückabzuwickeln.

Auf den am 07.10.1994 abgeschlossenen Versicherungsvertrag finden die Vorschriften des VVG in der ab dem 29.07.1994 gültigen Fassung Anwendung. Nach der durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (BGBl. 1994 Teil I, S. 1630 ff) neu eingefügten Vorschrift des § 5a VVG steht dem Versicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht zu, wenn der Versicherer ihm bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen oder die Verbraucherinformationen nicht übergeben hat (sog. Policenmodell). Der streitgegenständliche Versicherungsvertrag ist unstreitig im Policenmodell zustande gekommen, so dass die Vorschrift des § 5a VVG 1994 dem Grunde nach Anwendung finden würde. Da aber § 5a VVG 1994 nach Art. 16, § 11 des Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG vom 21. Juli 1994 (BGBl. 1994 I, S. 1630) keine Anwendung auf Versicherungsverträge findet, die - wie der hier vorliegende Vertrag - bis zum 31. Dezember 1994 zu von der Aufsichtsbehörde genehmigten Versicherungsbedingungen geschlossen wurden, ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin kein Widerspruchsrecht nach dieser Vorschrift zustand (vgl. Senat, Beschluss vom 03. Januar 2019 - 4 U 1303/18 -, Rn. 3 ff, mit zahlreichen Nachweisen).

Der Klägerin steht auch kein Rücktrittsrecht gem. § 8 Abs. 5 VVG 1994 zu. Die Vorschrift des § 8 Abs. 5 VVG 1994 sieht bei Lebensversicherungsverträgen nach Abschluss des Vertrages zwar ein Rücktrittsrecht vor. Nach § 8 Abs. 6 VVG 1994 findet die Regelung des § 8 Abs. 5 VVG 1994 allerdings keine Anwendung, soweit der Versicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG 1994 hat. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung auf den o.a. Beschluss, auf den er insoweit Bezug nimmt.

Dem Kläger steht schließlich auch kein Widerrufsrecht gem. § 8 Abs. 4 VVG in der Fassung vom 17.12.1990 zu. Die Vorschrift des § 8 Abs. 4 VVG 1990 findet auf den vorliegenden Versicherungsvertrag Anwendung (vgl. Senat, a.a.O. m.w.N.). Die danach bestehende Widerrufsfrist von 10 Tagen war zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung der Klägerin mit Schreiben vom 20.04.2017 bereits abgelaufen. Die vorliegende Belehrung genügt entgegen der Ansicht der Berufung den Anforderungen von § 8 Abs. 4 VVG a.F., so dass die Frist wirksam in Gang gesetzt wurde. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird insoweit Bezug genommen.

Der Bundesgerichtshof (vgl. BGH, Urteil vom 16.10.2013 - IV ZR 52/12; Urteil vom 17.12.2014 - IV ZR 260/11 - juris) hat für § 8 VVG a.F. angenommen, dass die Belehrung zur Erreichung ihres gesetzlichen Zweckes inhaltlich möglichst umfassend, unmissverständlich und aus Sicht des Verbrauchers eindeutig sein muss. Dies erfordert eine Form der Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trägt und darauf angelegt ist, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen zu vermitteln (so BGH, aaO). Diesen Anforderungen wird die Belehrung gerecht. Eine drucktechnische Hervorhebung - wie sie § 5a VVG vorsieht - kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verlangt werden. Diese Vorschrift galt zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages nicht und wurde erst am 29.07.1994 eingeführt. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung für die drucktechnische Hervorhebung einer Belehrung nach § 5a VVG a.F. entwickelt hat, können nicht auf § 8 VVG übertragen wer...

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