Leitsatz (amtlich)
1. Versäumt der rechtliche Vater die Frist zur Anfechtung seiner Vaterschaft, kann er sich im Regressprozess gegen den vermeintlichen biologischen Vater auf die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zur Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 3 BGB nicht berufen.
2. Ob die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zur Durchbrechung der Rechtsausübungssperre nach dem Wegfall des § 1600e BGB noch gelten, kann offen bleiben.
Verfahrensgang
AG Hohenstein-Ernstthal (Entscheidung vom 04.08.2010; Aktenzeichen 2 F 631/09) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hohenstein-Ernstthal vom 04.08.2010, Az.: 2 F 631/09, abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Verweigerung des Antragsgegners, an der Begutachtung zur Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken, berechtigt ist.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Das Familiengericht hat im Unterhaltsverfahren eine Beweiserhebung über die Feststellung der biologischen Vaterschaft des Antragsgegners angeordnet. Der Antragsgegner verweigert seine Mitwirkung hieran. Das Familiengericht hat festgestellt, dass die Weigerung unberechtigt sei. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde.
Im zugrundeliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller als rechtlicher Vater in erster Stufe Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragsgegners, um die Höhe eines Anspruches wegen Kindesunterhalt ab 1994 zu ermitteln. Der Antragsgegner soll der vermeintlich biologische Vater des Kindes xxx xxx, geboren am xxx, sein.
Der Antragsteller war mit der Mutter des Kindes von 1987 bis 1996 verheiratet. Jedenfalls von Ende 1994 bis 1996 lebte die Mutter mit dem Antragsgegner zusammen. Der Antragsteller hatte in 1996 ein Verfahren wegen Anfechtung der Vaterschaft eingeleitet. Er hatte jedoch versäumt, den Gerichtskostenvorschuss einzuzahlen. Die Klage konnte deshalb erst in 2002, nach dem Ablauf jeglicher Anfechtungsfrist, zugestellt werden. In 2002 und 2009 wurde der Antragsteller von Amtsgerichten in Berlin zu Unterhaltszahlungen für xxx aus übergegangenem Recht in Höhe von insgesamt rund 7.000,00 EUR verurteilt.
In 2007 hat die Mutter erfolglos versucht, den Antragsgegner vor dem Landgericht Dresden aus einer angeblichen Unterhaltsvereinbarung auf Unterhaltszahlungen für xxx in Anspruch zu nehmen.
Der Antragsteller behauptet, er habe sich 1993 in einer schweren Lebenskrise befunden und Mitte des Jahres von der Mutter getrennt. Erst 1996 habe er sich wieder gefangen. Der Antragsgegner sei der biologische Vater. Hierfür legt er eine Erklärung der Mutter vor, die dies bestätigt. Unstreitig ist, dass der Antragsgegner wohl in 1997 und 1998 teilweise Unterhaltszahlungen für xxx geleistet hat.
Der Antragsgegner behauptet, in 1993 habe es nur sporadische Treffen mit der Mutter gegeben. Erst nach der gesetzlichen Empfängniszeit sei er zur Mutter gezogen. Dies sei im Dezember 1994 gewesen. Er und die Mutter seien sich nie sicher gewesen, wer der Vater sei. Ihm sei bekannt, dass die Mutter zu Beginn der Bekanntschaft und davor Beziehungen zu anderen Männern hatte. Die vorangegangenen vier Kinder der Mutter würden von verschiedenen Männern stammen.
Das Familiengericht hält den Antragsgegner für verpflichtet, an der Beweiserhebung mitzuwirken. Die Rechtsausübungssperre könne im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders gelagerten Einzelfällen mit der Folge durchbrochen werden, dass die Vaterschaft des Antragsgegners inzidenter festgestellt wird. Gegen den am 09.08.2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 12.08.2010 beim Familiengericht Beschwerde eingelegt.
II. Die Beschwerde hat Erfolg. Der Antragsgegner darf die Mitwirkung an der Beweisaufnahme verweigern.
A. Die Zulässigkeit der Beschwerde beurteilt sich allein nach §§ 58 ff. FamFG.
Weder in den Regelungen über Unterhaltssachen (§§ 231 ff. FamFG) noch in den Regelungen über Abstammungssachen (§§ 169 ff. FamFG) finden sich abweichende Sonderbestimmungen. Auch sonst spricht nichts für eine Anwendung der §§ 567 ff. ZPO. Zwar verweist § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG für Familienstreitsachen - hierzu zählt das zugrundeliegende Verfahren über Kindesunterhalt, §§ 112 Nr. 1, 231 Abs. 1 FamFG - auf Regelungen der Zivilprozessordnung. Die Verweisung schließt aber gerade nicht die Anwendung der Beschwerdevorschriften nach §§ 58 bis 69 FamFG aus, vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG.
Die danach entsprechend §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerde ist insbesondere statthaft. Die Entscheidung des Familiengerichts über die Berechtigung der Mitwirkungsverweigerung ist zwar keine Endentscheidung, sondern eine Zwischenentscheidung. Zwischenentscheidungen sind indessen isoliert anfechtbar, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt, § 58 Abs. 1 a.E. FamFG. E...