Verfahrensgang
AG Leipzig (Entscheidung vom 07.07.2006; Aktenzeichen 212 OWi 504 Js 1391/06) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 07. Juli 2006 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines am 22. August 2005 begangenen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 100,00 EUR verurteilt und ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat angeordnet. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hatte der Betroffene die innerhalb geschlossener Ortschaften zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 31 km/h überschritten.
Am 12. Oktober 2005 veranlasste die Bußgeldbehörde die Anhörung des Betroffenen. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2005 teilte Rechtsanwalt K S mit, dass Herr H M (der Betroffene) von ihm anwaltlich vertreten werde. Er machte die nach § 111 OWiG für notwendig erachteten Angaben zur Person und bestritt die seiner Mandantschaft vorgeworfene Ordnungswidrigkeit. Da vorerst zur Sache keine Angaben gemacht würden, werde nunmehr um Akteneinsicht gebeten.
Dem Schreiben war eine von dem Betroffenen unterzeichnete Vollmacht vom 18. Oktober 2005 beigefügt, die folgenden Wortlaut hat:
"außergerichtliche Vollmacht
Herrn Rechtsanwalt K S , G straße , (es folgen Telefon- und Fax-Nummer)
wird hiermit in Sachen H M
wegen OWi
Vollmacht erteilt
C , den 18.10.2005 (Unterschrift des Betroffenen)"
Die Vollmacht enthält kleingedruckt in der oberen linken Ecke weiter den Zusatz:
"der beauftragte Rechtsanwalt ist nicht zustellungsbevollmächtigt"
Am 08. November 2005 erließ die Bußgeldbehörde einen Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen, der der Rechtsanwaltskanzlei K & S unter der Geschäftsadresse in C am 14. November 2005 zugestellt wurde. Gegen den Bußgeldbescheid legte Rechtsanwalt S mit Schreiben vom 15. November 2005 namens und in Vollmacht des Betroffenen Einspruch ein und widersprach einer Entscheidung ohne Hauptverhandlung.
Die Akten gingen am 12. Januar 2006 beim Amtsgericht ein. Nach Aufforderung des Amtsgerichts legte Rechtsanwalt S eine von dem Betroffenen unterzeichnete Vollmacht vom 10. März 2006 vor, die sich von der ersten Vollmacht dadurch unterscheidet, dass sie den eine Zustellung ausschließenden Zusatz und das Wort "außergerichtliche" nicht enthält.
Auf die Terminsladung beantragte Rechtsanwalt S mit Schreiben vom 28. März 2006, den Termin aufzuheben und das Verfahren wegen eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen. In seinem Schreiben vertritt er die Ansicht, die Verjährung sei nicht durch den Erlass des Bußgeldbescheides unterbrochen worden. Die Zustellung am 14. November 2005 sei nicht wirksam gewesen, weil die Rechtsanwälte K & S nicht bevollmächtigt gewesen seien. Bei der (ersten) zur Akte gereichten Vollmacht habe es sich ausdrücklich um eine außergerichtliche Vollmacht gehandelt, die ihn zur Entgegennahme von Zustellungen nicht ermächtigt habe. Er sieht sich in dieser Ansicht durch obergerichtliche Rechtsprechung bestärkt.
Das Amtsgericht hat diese Ansicht nicht geteilt. Rechtsanwalt S sei bereits im Bußgeldverfahren als Verteidiger aufgetreten, weshalb der Bußgeldbescheid gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG an ihn habe zugestellt werden können.
Gegen das Urteil wendet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird. Zur Frage der Verjährung wird nunmehr behauptet, die Rechtsanwälte K & S seien niemals bevollmächtigt gewesen; der Betroffene habe Rechtsanwalt S eine außergerichtliche Zivilvollmacht erteilt.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat sich unter Bezugnahme auf obergerichtliche Rechtsprechung der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Rechtsansicht angeschlossen und beantragt, das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben und das Verfahren einzustellen.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat im Wesentlichen keinen Erfolg; sie war mit der aus der Beschlussformel ersichtlichen Maßgabe zu verwerfen.
1.
Es ist keine Verfolgungsverjährung eingetreten.
Für die dem Betroffenen vorgeworfene Verkehrsordnungswidrigkeit lief die Verjährungsfrist gemäß §§ 24, 26 Abs. 3 StVO am 21. November 2005 ab. Sie ist jedoch durch die am 12. Oktober 2005 veranlasste Anhörung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen worden und lief nunmehr am 11. Januar 2006 ab. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde und der Generalstaatsanwaltschaft ist die Verjährung am 14. November 2005 erneut gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen worden, weil die an die Rechtsanwälte K & S in C gerichtete Zustellung des Bußgeldbescheides wirksam war.
a)
Es war zwar nur Rechtsanwalt S bevollmächtigt worden. Der Bußgeldbescheid wurde jedoch ausweislich der Zustellungsurkunde einem durch schriftlich...