Leitsatz (amtlich)
In Arzthaftungssachen kommt eine Aussetzung mit Blick auf ein gegen den Arzt anhängiges Strafverfahren regelmäßig nicht in Betracht.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 07 O 316/16) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 25.06.2019 - Az 7 O 316/16 - wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.621,20 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Feststellung der Einstandspflicht für zukünftige materielle Schäden infolge einer behaupteten zahnärztlichen Fehlbehandlung. Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten zu behaupteten Behandlungsfehlern eingeholt.
Mit Schriftsatz vom 06.06.2019 hat die Klägerin einen Antrag gestellt, das Verfahren gem. § 149 ZPO auszusetzen, da sie gegen den Beklagten Anzeige wegen des Verdachts der Urkundenfälschung gem. § 267 StGB erstattet habe, die sich auf die Fälschung der Krankenkartei beziehen würde, die Gegenstand und Grundlage des vorliegenden Verfahrens sei. Mit einem der Klägerin am 09.07.2019 zugegangenen Beschluss vom 25.06.2019 hat das Landgericht den Antrag abgelehnt.
In einem Schriftsatz vom 23.07.2019 hat die Klägerin hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass die möglicherweise gefälschte Krankenakte eine objektive Beurteilung des Behandlungsverlaufes nicht ermögliche. In der Krankenkartei sei im Zeitraum vom 04.02.2013 bis zum 12.03.2013 die Forderung der Klägerin auf ärztliche Neuanfertigung oder Nachbesserung des reklamierten Langzeitprovisoriums nicht dokumentiert, sondern unter dem 12.03.2013 fälschlicherweise ihr Einverständnis damit eingetragen. Damit sei keine objektive Beurteilung durch den Sachverständigen möglich. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 05.08.2019 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht Dresden vorgelegt. Der Sachverständige habe zwar auf die angeblich verfälschte Dokumentation des Beklagten hingewiesen, aus ihr im Rahmen der Begutachtung jedoch keine falschen Schlussfolgerungen gezogen.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Ziffer 1, 569 ZPO zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat sich in dem angefochtenen Beschluss mit zutreffenden Erwägungen entschieden, den Rechtsstreit nicht gem. § 149 ZPO auszusetzen.
Da die Aussetzung in das Ermessen des Gerichts gestellt ist (vgl. §§ 148, 149 ZPO), kann die Entscheidung des Landgerichts im Beschwerderechtszug nur auf Ermessensfehler kontrolliert werden. Das Beschwerdegericht hat jedoch uneingeschränkt zu prüfen, ob ein Aussetzungsgrund gem. § 149 ZPO gegeben ist (vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl. § 252 Rdn. 8). Anders verhält es sich jedoch in Arzthaftpflichtsachen. Hier kommt eine Aussetzung regelmäßig nicht in Betracht (OLG Koblenz, Beschluss vom 24.10.2005, VersR 2006, 1140; derselb. OLGR 2004, 522; OLG Köln VersR 1989, 518; 1989, 1201; OLG Stuttgart VersR 1991, 1027 = NJW 1991, 1556). Aus begleitenden Strafverfahren können nämlich durchweg keine Erkenntnisse erwartet werden, die so gewichtig sind, dass der Zivilrechtsstreit zunächst nicht weiter betrieben zu werden braucht (OLG Koblenz, a.a.O., VersR 2006,1140; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Anmerk. E 26 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr.). Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu der angeblichen Verfälschung der Behandlungsunterlagen keinen Einfluss auf die Entscheidung des Rechtsstreits haben, da der Gutachter durch die angeblich nicht zutreffende bzw. fehlende Eintragung in seiner Begutachtung nicht beeinflusst wurde. Dies ist nicht zu beanstanden, so dass die Ablehnung der Aussetzung zu Recht erfolgte.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens entspricht 1/3 des Wertes der Hauptsache.
Fundstellen
Haufe-Index 13391865 |
ZAP 2019, 998 |
GesR 2019, 714 |
GuP 2019, 182 |