Leitsatz (amtlich)
1. Die ausdrücklich "namens und in Vollmacht der Antragsteller" durch einen Rechtsanwalt eingelegte Streitwertbeschwerde ist regelmäßig unzulässig, weil eine Partei durch die Festsetzung eines zu niedrigen Streitwerts nicht beschwert werden kann.
2. Eine Auslegung oder Umdeutung eines solchen Antrags in eine im eigenen Namen des Rechtsanwalts eingelegte Beschwerde kann nicht allein darauf gestützt werden, dass infolge der fehlenden Beschwer für die Partei nur eine Beschwerde des Anwalts vernünftig und interessengerecht wäre.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 2149/21) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Kläger wird die Streitwertfestsetzung im Urteil des Landgerichts vom 17.12.2021 abgeändert und der Streitwert für das Verfahren erster Instanz auf 15.000,- EUR bis zum 7.11.2021 und auf 10.000,- EUR ab diesem Zeitpunkt festgesetzt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Parteien haben in erster Instanz über Unterlassungsansprüche wegen einer Bild- und Wortberichterstattung der Beklagten gestritten; im Berufungsverfahren hat der Senat den Streitwert für die dort allein anhängige Wortberichterstattung auf 10.000,- EUR festgesetzt. Gestützt hierauf begehrt der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit am 5.7.2022 eingegangenem Schriftsatz "namens in Vollmacht der Antragsteller" eine Heraufsetzung des Streitwerts in dem ihm am 23.12.2021 zugestellten Urteil des Landgerichts. Dieses hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Zur Entscheidung über die Streitwertbeschwerde nach § 68 GKG ist der Einzelrichter zuständig (§ 568 ZPO). Diese ist statthaft und zulässig. Sie ist innerhalb der Frist der §§ 68 Abs. 1 S. 2, 63 Abs. 3 S. 2 GKG eingelegt worden. Es fehlt auch nicht an einer Beschwer. Zwar ist die Beschwerde "namens in Vollmacht der Antragsteller" mit dem Ziel einer Heraufsetzung des Streitwerts eingelegt worden. Eine Partei wird jedoch durch die Festsetzung eines zu niedrigen Streitwerts regelmäßig nicht beschwert (BGH, Beschlüsse vom 29. Oktober 2009 - III ZB 40/09, vom 12. Februar 1986 - IVa ZR 138/83, jeweils nach juris). Besondere Umstände, die abweichend hiervon eine Beschwer der Kläger wegen der ihrer Ansicht nach zu niedrigen Streitwertfestsetzung begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann eine Partei die Streitwertbeschwerde nicht dazu nutzen, durch die Erhöhung des Streitwerts das finanzielle Risiko der Gegenpartei an der Prozessführung zu steigern (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - VIII ZB 59/11 -, Rn. 6, juris).
Anders als es der Wortlaut der Beschwerde nahelegt, ist diese hier aber durch den Prozessbevollmächtigten, dem insoweit ein eigenes Beschwerderecht zusteht (§ 32 RVG), im eigenen Namen eingelegt worden. Im Zweifel ist zugunsten eines Verfahrensbeteiligten davon auszugehen, dass er mit dem eingelegten Rechtsbehelf das bezweckt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Verfahrensbeteiligten entspricht (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 09.02.1993 - XI ZB 2/93 - Tz. 3 [juris]; v. 22.05.1995 - II ZB 2/95 - Tz. 11 [juris]). Dementsprechend ist anerkannt, dass eine mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwerts eingelegte Beschwerde im Zweifel aus eigenem Recht des Rechtsanwalts eingelegt ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., § 32 RVG Rn. 14 m. w. N.). Ob auch bei einer ausdrücklich "namens und für" eine Partei eingelegten Beschwerde eine solche Zweifelsregelung gilt, wird uneinheitlich beurteilt. Das KG Berlin schließt dies zumindest für den Fall aus, dass sowohl die Einlegung als auch die Begründung einen solchen Zusatz enthalten. Es sei dann auch unzulässig, den Antrag umzudeuten und den Rechtsanwalt zum Rechtsmittelführer zu erklären, nur weil dieser zulässigerweise ein solches Interesse verfolgen könnte (KG Berlin, Beschluss vom 1. März 2016 - 23 W 7/16 -, juris; ebenso BayVGH, Beschluss vom 30.10.2013 - 9 C 12.2433 -, juris Rn. 12). Demgegenüber nimmt das OLG Stuttgart an, die von einem an dem Verfahren unmittelbar beteiligten Rechtsanwalt mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwerts, jedoch ausdrücklich "für" die Partei eingelegte Streitbeschwerde sei trotz dieser Formulierung stets auslegungsbedürftig, weil angesichts fehlender Beschwer der Partei Zweifel bestünden, ob die Beschwerde gleichwohl in deren Namen eingelegt worden sei (OLG Stuttgart, Beschluss vom 20. August 2012 - 14 W 8/12 -, Rn. 5 - 6, juris). Nach Auffassung des Senats muss von einem Rechtsanwalt, dem sowohl sein eigenes Beschwerderecht bei der Streitwertbemessung als auch die unterschiedliche Interessenlage im Verhältnis zu der von ihm vertretenen Partei bekannt sind, im Grundsatz verlangt werden, sich klar auszudrücken, für wen die Streitwertbeschwerde erhoben werden soll. Fehlt es in dem Beschwerde- oder in dem Beschwerdebegründungsschriftsatz an Hinweisen auf ein eigenes Beschwerderecht scheidet daher bei einer Beschwerdeei...