Leitsatz (amtlich)

Die Äußerung, der Antragsteller schrecke im geschäftlichen Verkehr auch vor strafbarem Verhalten nicht zurück und sei als mutmaßlicher Hintermann eines Dritten anzusehen, dem ebenfalls strafbares Verhalten vorzuwerfen sei, stellt noch keine Schmähkritik dar.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Beschluss vom 26.10.2017; Aktenzeichen 08 O 2458/17)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückweisenden Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 26.10.2017 - Az 08 O 2458/17 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, auch soweit die Antragstellerin zu 2 erst in der Beschwerdeinstanz klageerweiternd dem Antrag der Antragstellerin zu 1 beigetreten ist. Sie bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat es zu Recht abgelehnt, die begehrte einstweilige Verfügung zu erlassen. Den Antragstellern steht kein Verfügungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog sowie aus § 824 Abs. 1 BGB zu.

Deliktsrechtliche Ansprüche aus §§ 823 Abs. 1, 1004, 823 Abs. 2, 824, 826 BGB stehen der Antragsteller zu 1 schon dem Grunde nach nicht zu. Wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, sind die beanstandeten Äußerungen als Meinungsäußerung anzusehen. Der Antragstellerin zu 2 stehen ebenfalls keine Unterlassungsansprüche wegen der über die Suchmaschine xxx bei Eingabe ihres Firmennamens aufrufbaren Bewertung der Antragstellerin zu 1 zu.

1. Die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen erfolgt nach den in Rechtsprechung und Literatur zu §§ 186, 187 StGB entwickelten Grundsätzen (Löffler/Ricker Handbuch des Presserechts, 5. Aufl., § 44 Rn. 9 m.w.N.). Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, dass bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vordergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG, NJW 2000, 199, 200 m.w.N.). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (BGH VersR 1999, 1162; NJW-RR 1999, 1251m.w.N.; BVerfG NJW 1992, 1439, 1440). Bei der Einordnung einer Äußerung als Tatsache oder Werturteil kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des BGH auf den Inhalt der Aussage nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Adressaten an (BGH AfP 1994, 300; BVerfG NJW 2006, 207 m.w.N; Löffler/Ricker aaO. Rn. 25). Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind. Dabei dürfen allerdings aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (st. Rspr. vgl. nur BGH VersR 2009, 1545; VersR 2009, 365). Der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich dabei auch auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (BGH VersR 2009, 1545; VersR 2008, 695; VersR 2008, 971; NJW 2006, 601; VersR 2004, 343). Sofern eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Werturteil und Meinungsäußerung in vollem Umfang vom Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG geschützt (st. Rspr.; vgl. BGH VersR 2002, 445; VersR 1996, 597; VersR 1998, 1250).

Letzteres ist hier der Fall. Der erste Satz der Internet-Bewertung bezieht sich auf die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin zu 1 und deren Ehemann und deren Handeln für die B... Balkonbau GmbH. Zur Begründung der Warnung bezieht sich der Antragsgegner zwar auf Tatsachen, wie die Beziehung der Antragstellerin zur B... Balkonbau, die Insolvenz der Firma und einen dadurch "höchstwahrscheinlich" entstandenen Schaden für deren Gläubiger. Dieser Passus enthält aber Tatsachen, die von der für die B... Balkonbau maßgeblich tätigen Antragstellerin nicht in Abrede gestellt werden. Die weiteren Äußerungen zum angeblichen Geschäftsmodel...

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