Leitsatz (amtlich)
Die Haftung wegen eines Aufklärungsfehlers setzt voraus, dass der Patient den Nachweis erbringt, dass der Schaden auf den nicht von der Einwilligung gedeckten und somit rechtswidrigen Teil einer Operation zurückzuführen ist.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 6 O 2792/19) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der auf Dienstag, 01.03.2022 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
4. Es ist beabsichtigt, den Gegenstandswert für das Berufungsverfahren auf 61.000,00 EUR festzusetzen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt aus übergegangenem Recht als Alleinerbe seiner nach Klageerhebung verstorbenen Ehefrau U... U... (im Folgenden: Frau U...) von der Beklagten Ersatz materieller und immaterieller Schäden wegen behaupteter Aufklärungs- und Behandlungsfehler im Hause der Beklagten.
Frau U... befand sich im Zeitraum 2015/2016 mehrfach im Hause der Beklagten zur Behandlung wegen Vorhofflimmerns, wo zwischen dem 21. und 24.09.2015 ein LAA-Verschluss mittels Implantierung eines Occluders vorgenommen wurde. Nach der Entlassung stellte sich bei der Patientin Atemnot ein, was zur erneuten Aufnahme im Haus der Beklagten am 27.10.2015 führte. Hierbei wurde ein hämorrhagischer Perikarderguss (Herzbeutelerguss) festgestellt und am Folgetag der als mutmaßliche Ursache identifizierte Occluder sowie das Herzvorhofohr operativ entfernt. Am 26.11.2015 wurde die Patientin in die Häuslichkeit entlassen. Danach befand Frau U... sich wegen eines akuten Nierenversagens zwischen dem 10.01.2016 und dem 04.02.2016 im Elblandklinikum Radebeul.
Die Klägerseite hat der Beklagten Fehler beim Einsatz des Occluders, eine unterlassene Überprüfung des Sitzes dieses Filters mit anschließender Dislokation und Nichterkennung derselben, eine unzureichende Nierenversorgung beim Zweitaufenthalt und eine unzureichende Aufklärung sowohl über die Risiken des Eingriffs als auch über mögliche Behandlungsalternativen vorgeworfen.
Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens des Prof. S... nebst dessen mündlicher Anhörung und Vernehmung des seinerzeit aufklärenden Arztes als Zeugen die Klage abgewiesen.
Es hat sowohl Behandlungs- als auch Aufklärungsfehler verneint.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit der Berufung verlangt der Kläger Schmerzensgeld in der ursprünglich geforderten Höhe, begehrt indessen weder künftige Zahlungen noch die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten und beschränkt die Rente wegen monatlich vermehrter Bedürfnisse auf den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2019.
Er rügt das landgerichtliche Urteil wie folgt:
Zu Unrecht habe das Landgericht Aufklärungsfehler verneint. Sowohl eine hinreichende Risikoaufklärung als auch eine hinreichende Aufklärung über die Behandlungsalternativen habe nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht stattgefunden. Aufgrund der Nierenschwäche der Patientin sei das ohnehin bereits hohe Risiko eines Perikardergusses um ein Vielfaches erhöht gewesen. Hierüber sei die Klägerin nicht aufgeklärt worden. Über tatsächlich bestehende Behandlungsalternativen sei Frau U... nicht aufgeklärt worden. Die erfolgreiche Entfernung des Vorhofohrs im Nachgang belege, dass auch dies eine Behandlungsalternative gewesen wäre. Dem erstinstanzlich erhobenen Einwand der hypothetischen Einwilligung (Bl. 17) stellt der Kläger erstmalig in zweiter Instanz die Behauptung eines Entscheidungskonfliktes entgegen: Gerade angesichts der bestehenden erheblich erhöhten Risiken hätte sich Frau U... bei ordnungsgemäßer Aufklärung gegen den Einsatz des Occluders entschieden (Bl. 117). Er bietet hierzu zum Beweis die informatorische Anhörung des Klägers und des Sohnes der Frau U... an.
Der Kläger wiederholt seinen erstinstanzlichen Einwand, eine Indikation für den Eingriff sei angesichts der Nierengefährdung nicht gegeben gewesen. Auch sei der Sitz des Occluders nicht ordnungsgemäß gewesen. Dies sei auch nicht kontrolliert worden. Falsch sei die Schlussfolgerung des Sachverständigen, das Nierenversagen stehe mit der Behandlung im Hause der Beklagten in keinem Zusammenhang. Hierfür bietet er zum Beweis die erneute Anhörung des Sachverständigen und die Einholung eines Obergutachtens an (Bl. 119).
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld, das in das Ermessen des Gerichts eingestellt wird, keineswegs aber den Betrag von 25.000,00 EUR unterschreiten sollte, nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger seit dem 01.01.2016 bis zum 31.12.2019 monatlich vermehrte Bedürfnisse in Höhe von 750,00 EUR, insgesamt 36.000,00 EUR nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. die Kosten des Rechtsstreits der Bek...