Leitsatz (amtlich)
1. Das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger ist jedenfalls dann, wenn es um die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aus übergegangenem Recht durch Dritte geht, auch dann eröffnet, wenn aus dem übergegangenen Anspruch ausschließlich Unterhalt für die Vergangenheit geltend gemacht werden soll.
2. Die Beschwerde des Unterhaltsschuldners gegen den Festsetzungsbeschluss ist unzulässig, wenn sie - erstmals im Verlauf des Festsetzungsverfahrens - nur mit der fehlenden Leistungsfähigkeit des Antragsgegners begründet wird. Dem Unterhaltsverpflichteten bleibt aber die Abänderungsklage gem. § 240 FamFG, um die Berücksichtigung seiner verspäteten Einwendungen zu erreichen.
3. Hingegen ist für den Unterhaltsschuldner die Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 RpflG nicht eröffnet, wenn die - gegen den Festsetzungsbeschluss grundsätzlich statthafte - Beschwerde allein aus im Verfahrensverhalten des Antragsgegners liegenden Gründen unzulässig ist.
Verfahrensgang
AG Leipzig (Beschluss vom 06.11.2015; Aktenzeichen 354 FH 168/15) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners vom 30.11.2015 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Leipzig vom 06.11.2015 - 354 FH 168/15 - wird als unzulässig verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.859,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht auf Antrag des Antragstellers vom 06.08.2015, beim Familiengericht eingegangen am 11.08.2015, im vereinfachten Verfahren gegen den Antragsgegner (lediglich) rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit vom 01.09.2014 bis 31.07.2015 für dessen Tochter F. S., geboren am 01.08.1997, festgesetzt.
Gegen die am 14.11.2015 zugestellte Entscheidung hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 30.11.2015 am 14.12.2015 beim Familiengericht Beschwerde eingelegt. Er wendet erstmals im Beschwerdeverfahren ein, dass es ihm ab Februar 2015 nicht möglich gewesen sei, den geforderten Unterhalt zu zahlen. Das Jobcenter habe bei seinem ehemaligen Arbeitgeber eine Lohnpfändung beantragt, so dass ihm im Ergebnis nur noch 850,00 EUR im Monat zum Leben übrig geblieben seien. Außerdem sei er seit dem 01.06.2015 arbeitslos.
Das Familiengericht hat den Antragsgegner mit Verfügung vom 18.12.2015 darauf hingewiesen, dass er seine Beschwerde gemäß § 256 Satz 2 FamFG nach Verfügung des Festsetzungsbeschlusses nicht (mehr) auf die von ihm geltend gemachte Leistungsunfähigkeit stützen könne. Nachdem der Antragsgegner der Anregung des Familiengerichts, seine Beschwerde kostenfrei zurückzunehmen, nicht gefolgt ist, hat es die Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt
II.1. Gemäß § 493 Abs. 2 FamFG sind auf vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, die - wie hier - bis zum 31.12.2016 beantragt wurden, die §§ 249 bis 260 FamFG in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.
2. Die gemäß §§ 256, 58 FamFG statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben (§§ 63, 64 FamFG). Sie ist jedoch im Übrigen unzulässig, denn eine Beschwerde gemäß § 256 FamFG ist nur bei Vorliegen der in § 256 Satz 1 FamFG genannten Beschwerdegründe zulässig (Lorenz in Zöller, ZPO, 31. Aufl., FamFG, § 256, Rdn. 3 und 16; BGH FamRZ 2008, 1433 f., für die vor dem 01.09.2009 geltende Rechtslage). Entsprechende zulässige Beschwerdegründe sind jedoch nicht vorgetragen, so dass die Beschwerde zu verwerfen ist (Lorenz in Zöller, ZPO, 31. Aufl., FamFG, § 256, Rdn. 16; OLG Brandenburg FamRZ 2016, 1804; FamRZ 2014, 681 f.; OLG Bremen, Beschluss vom 29.6.2012 - 4 UF 62/12, BeckRS 2012, 17791; OLG Jena, FamRZ 2015, 1513; OLG Hamm, Beschluss vom 2.2.2011 - 8 WF 251/10, BeckRS 2011, 06368; OLG Naumburg, Beschluss vom 8.6.2011 - 3 UF 37/11, BeckRS 2011, 29322; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 23.6.2010 - 9 UF 45/10, BeckRS 2010, 17284; OLG Köln, Beschluss vom 2.5.2012 - 4 WF 46/12, BeckRS 2012, 11011). Im Einzelnen:
a) Nach § 256 FamFG kann mit der Beschwerde gegen den im vereinfachten Verfahren ergangenen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss neben der Unzulässigkeit des vereinfachten Festsetzungsverfahrens (§ 252 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FamFG), einer unrichtigen Berechnung des Unterhalts nach Zeitraum und Höhe (§ 252 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 FamFG) und einer Unrichtigkeit der Kostengrundentscheidung (§ 252 Abs. 1 Satz 2 FamFG) oder Kostenfestsetzung lediglich geltend gemacht werden, dass das Familiengericht die Zulässigkeit von (rechtzeitig erhobenen) Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG unrichtig beurteilt hat. Wird das Rechtsmittel nicht auf diese Anfechtungsgründe gestützt, so ist es unzulässig. Dies ist hier der Fall:
Die vom Antragsgegner erstmals mit der Beschwerde erhobenen Einwendungen betreffen ausschließlich die Frage der mangelnden Leistungsfähigkeit. Diese Einwendungen hätte der Antragsgegner vor der Festsetzung des Unterhalts durch den familiengerichtlichen Beschluss erheben müssen (§ 256 Abs. 2 FamFG). Dies ist jedoch nicht gesche...